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INHALT — 04 WIRTSCHAFT economy 4 Tabak – zwischen Genuss und Regulierung 8 Wege in die Bioökonomie 10 Brennpunkt Lieferkette 12 Herausforderung Konsumentenschutz 14 Transparenz in der Lieferkette: Verantwortung und Herausforderungen 16 Schutz der Wälder: Ein Plädoyer 18 Green Claims Directive: Strengere Regeln gegen Greenwashing in der EU — 20 TECHNIK technology 20 Wie sicher sind recycelte Kunststoffe? 22 Häufige Gefahren in der Lebensmittelindustrie 26 Individuell, präzise und innovativ 28 Wie lässt sich der Wasserverbrauch senken? 32 Neuartige Lebensmittel – was ist darunter zu verstehen? — 34 WISSENSCHAFT science 34 Development of a screening method for processed animal proteins (PAP) in feed by high-resolution LC-MS/MS — 37 RECHT law 37 EU-Lieferkettenrichtlinie und Lebensmittelwirtschaft 44 Wettbewerbsvorteile durch strukturierte ESG-Daten 46 Was bringt die EU-Zwangs arbeitsverordnung? 48 Lieferketten-Compliance als zentrale Herausforderung 50 EU-„Frühstücks-Richtlinie“ 52 Als der Codex alt geworden war 3 3 inhalt content Liebe Leserin, lieber Leser, — diese Ausgabe befasst sich mit der Lieferkette von Lebensmitteln und Getränken. Von der Lieferkettenricht- linie über die Entwaldungsverordnung oder die Nachhaltigkeitsberichterstat- tung bis zu Green Claims: Die neuen EU-Vorgaben bestimmten auch das Symposium „Brennpunkt Lieferkette“ des Fachverbands im Oktober. Wir freuen uns über das gute Feedback und danken unseren Co-Gastgebern Ulrich Herzog vom Gesundheitsminis- terium sowie Werner Schroeder von der Universität Innsbruck. Eine kleine Nachlese finden Sie auf den folgenden Seiten. Auch das Genussmittel Tabak ist re- gulatorischen Eingriffen ausgesetzt – etwa wenn es wie aktuell ins Visier der Politik gerät, um das Budget zu sanieren. JTI Austria ist übrigens das größte japanische Unternehmen in Österreich. Die ehemalige Austria Tabak feierte heuer ihr 240-jähriges Bestehen. Wir haben mit Kommuni- kationschef Ralf-Wolfgang Lothert über die Herausforderungen entlang der Lieferkette gesprochen. Ein weiteres Highlight: Michael Blass gibt mit seinem Beitrag zum Codex Alimentarius Austriacus ei- nen Vorgeschmack auf unsere neue historische Rubrik ab nächstem Jahr. Freuen Sie sich auf spannende Archiv-Fundstücke. Wir gratulie- ren ALIMENTARIUS- Preisträgerin Sara Schlachter und wünschen Ihnen eine besinnliche Adventzeit! 54 Impressum Katharina Koßdorff volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

4 wirtschaft economy TABAK – ZWISCHEN GENUSS UND REGULIERUNG DIE ERNÄHRUNG SPRACH MIT RALF-WALTER LOTHERT, RA, MBA, HEAD OF CORPORATE AFFAIRS & COMMUNICATIONS AUSTRIA BEI JTI (JAPAN TOBACCO INTERNATIONAL), ÜBER DIE BISHERIGE UND GEPLANTE ENTWICKLUNG DES UNTERNEHMENS, DIE HERAUSFORDERUNGEN ZWISCHEN REGULIERUNG UND FREIER ENTSCHEIDUNG DER KONSUMENTINNEN UND KONSUMENTEN, DIE TABAKBESTEUERUNG, WERBEVERBOTE ALLGEMEIN SOWIE DEN EINFLUSS VON EU-LIEFERKETTENGESETZ UND EU-ENTWALDUNGS-VO. OSKAR WAWSCHINEK D ie Ernährung: Seit 1999 agiert der Konzern JTI in 130 Ländern weltweit. Die ehemalige „Österreichische Tabakregie“, gegründet 1784 von Kaiser Joseph II, ist der älteste Teilbetrieb im Kon- zern – hat Österreich da eine Sonderstel- lung? Ralf-Wolfgang Lothert: Ja, Österreich nimmt tatsächlich eine besondere Stellung bei JTI ein. Wir haben als Austria Tabak dieses Jahr unser 240-jähriges Bestehen gefeiert und sind damit der älteste Teil des JT/JTI-Konzerns. Die Tradition und Ge- schichte der ehemaligen „Österreichischen Tabakregie“ sind tief verwurzelt und ver- binden sich gleichzeitig sehr gut mit der Modernität von JTI. Unsere mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Öster- reich sind stolz auf diese lange Historie und auf den globalen Beitrag, den Österreich innerhalb von JTI leistet. Nicht umsonst ist die JTI Austria/Austria Tabak, neben vielen anderen Auszeichnungen, acht Mal hinter- einander die Nr.1 der Top Employer in Ös- terreich geworden. Wenn Sie als Mitglied der Geschäftsleitung die Entwicklung seit 1784 im Zeitraffer beschreiben müssten – was hat sich geän- dert? Lothert: Die Tabakindustrie hat in dieser Zeit einen bemerkenswerten Wan- del erlebt – von einer rein nationalen, staatlich geführten Produktion hin zu ei- nem global vernetzten Unternehmen, das die sich verändernden Marktbedürfnisse und regulatorischen Anforderungen der Moderne erfüllt. Von einem Vollmono- pol in Österreich – die Produktion, den Großhandel und den Einzelhandel um- fassend – hin zu einem marktwirtschaft- lichen Unternehmen. Österreich musste mit dem EU-Beitritt 1995 das Monopol aufheben, das Einzelhandelsmonopol mit dem Trafiksystem wurde aufrechter- halten. Technologische Fortschritte, der Fokus auf Produktqualität und die Ent- wicklung alternativer Produkte spiegeln unsere Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen wider. Die Tabakindustrie ist aber auch an erster Front, wenn es um Regulierungs- maßnahmen für Konsumgüter geht. Was bei Tabak als Regulierungen und Ein- schränkungen versucht wird, wird als- bald bei Zucker, Alkohol oder anderen Genussmitteln probiert. Welche Erfolge sind Ihnen persönlich gelungen? Was freut Sie persönlich am meisten? Lothert: Ich glaube es ist wichtig, als Unternehmen mit Daten und Fakten und absoluter Transparenz laufend präsent zu sein und nicht nur dann aufzutauchen, wenn wichtige Unternehmenstopics virul- ent werden. Man muss es sich schon ver- dienen, als gleichwertiger und ehrlicher Ansprechpartner akzeptiert zu werden. Bei JTI Austria verfolgen wir seit Jahren die Strategie, kontinuierlich zu informieren. Das tun wir über unterschiedliche Kanäle wie Newsletter, Podcasts und natürlich vie- le persönliche Gespräche. Und wir stehen zu dem, was wir sagen. Außerdem erwar- ten die Stakeholder – und damit meine ich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und alle externen Ansprechpartnerinnen und An- sprechpartner – dass man heutzutage als Unternehmen auch grundsätzlich zu The- men Stellung nimmt, die über das Kernge- schäft hinausgehen. Wir nehmen diese Cor- porate Political Responsibility sehr ernst. Zudem ist es mir auch persönlich wichtig, das Unternehmen in eine zukunftsorientier- te Richtung zu lenken, die nicht nur wirt- schaftlich, sondern auch gesellschaftlich verantwortungsbewusst agiert. Mich freut dabei persönlich am meisten, dass ich all dies mit einem hervorragenden Team ma- chen kann und dass – fast – jeder Tag dabei Spaß macht. Welche strategischen Ziele haben Sie sich gesetzt? Lothert: Wir sind das größte japanische Unternehmen in Österreich und gleichzei- tig mit mehr als 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch das größte Tabakunter- nehmen Österreichs. Wir haben damit auch eine besondere gesellschaftliche Verantwor- tung. Wir wollen als Arbeitgeber weiter ei- ner bzw. der attraktivste Arbeitgeber in Ös- terreich bleiben. Wir sind und wollen auch die Nr.1 der Ansprechpartner bei indust- riepolitischen Themen bleiben. Wir möch- ten aktiv an der dringend notwendigen Re- ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

6 wirtschaft economy form des Wirtschaftsstandorts Österreich mitwirken, um Österreich wieder attraktiv für Unternehmen und Investitionen zu ge- stalten. Wir möchten bei der dringend er- forderlichen Entbürokratisierung und De- regulierung mithelfen und nicht zuletzt: wir müssen zurück zur Eigenverantwortung und weg vom sogenannten Nanny State. Wie sehen Sie die Entwicklung des Ge- nussmittels Tabak in den letzten Jahren generell? Lothert: Der Konsum von Tabakpro- dukten hat sich in den letzten Jahren di- versifiziert und verändert. Während klas- sische Tabakprodukte mit über 85% des Gesamtmarktes immer noch den weitaus größten Teil der erwachsenen Konsumen- tinnen und Konsumenten anspricht, sehen wir aber auch eine zunehmende Nachfrage nach rauchfreien Alternativen. Diese Ver- änderung entspricht dem Wunsch vieler Konsumentinnen und Konsumenten nach innovativen Genussoptionen, die weniger Rauch und Geruch erzeugen und auf mo- dernen Technologien basieren. JTI hat rauchfreie Produkte (Ploom, Logic) und Nikotin-Pouches im Portfolio - welche Innovationen sind noch in der Pipeline? Lothert: Wir investieren laufend in For- schung und Entwicklung und sind auch sehr stolz darauf, dass sich einer der acht weltweiten Forschungsstandorte von JTI hier bei uns in Wien befindet. Sie werden verstehen, dass ich zu konkreten zukünfti- gen Produkten nichts sagen kann. Grund- sätzlich werden weitere Produkte u.a. darauf abzielen, individuelle Konsumprä- ferenzen noch genauer zu adressieren und Innovationen zu bieten. Gleichzeitig wird sicherlich daran gearbeitet, den Bereich der Reduced Risk Products (RRP) zu erweitern oder schon vorhandene Produkte wie z.B. Nikotin Pouches weiter zu verbessern. Die staatliche Gesundheitspolitik versucht Tabakkonsum immer stärker einzuschrän- ken – von abschreckenden Bildern auf Pa- ckungen bis zu Werbeverboten. Wie sehen Sie diese Entwicklungen? Lothert: Selbstverständlich respektieren wir, dass die öffentliche Hand ihre Bevöl- kerung schützen möchte. Man muss sich aber dennoch der Frage stellen, wie weit der Nanny State gehen soll und wo wie- der vermehrt auf die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger bzw. unserer erwachsenen Konsumentinnen und Kon- sumenten gesetzt wird. Dies ist aber eine gesamtgesellschaftliche Fragestellung und keine, die ausschließlich unsere Produkte betrifft. Meiner Ansicht nach bedarf es hier eines Diskurses und vor allem bald einer Klärung. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, dass Regulierungen verhältnismäßig bleiben und sich auf wissenschaftliche Er- kenntnisse stützen. Unser Ziel ist es, eine about Zum Unternehmen — JTI ist in mehr als 120 Ländern operativ tätig und beschäftigt etwa 46.000 Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter. Der Umsatz betrug 2022 ca. 20 Mrd. US-Dollar weltweit. Seit 2007 gehört Austria Tabak zur Unternehmensgruppe, für JTI Austria sind rund 500 Mitarbeitende im Wiener Büro, im Außendienst, dem Forschungs- und Entwicklungslabor und dem unab- hängigen Großhandel beschäftigt. www.jti.com/Austria bzw. www.jti.com JTI ist ein Mitglied der Japan Tobac- co-Unternehmensgruppe, eines füh- renden internationalen Tabakunter- nehmens. Die Unternehmenszentrale befindet sich in Genf in der Schweiz. ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024 Balance zwischen Regulierung und infor- mierter Konsumentscheidung zu finden, die der Marktvielfalt und Konsumentenwün- schen gerecht wird. Sind Ihres Wissens noch weitere Ein- schränkungen geplant? Lothert: Hier möchte ich einen Spruch bringen, welcher viel Wahrheit in sich trägt: „Regulation never stops“. Der regulatori- sche Trend in allen gesellschaftlichen Berei- chen geht in Richtung strengerer Vorgaben, und wir beobachten dies sehr genau. Und um sich an Wilhelm Busch’s spitzer Feder von einst zu bedienen, könnte man mei- nen, es werde heutzutage dem Grundsatz gefolgt: „Von der Wiege bis zur Bahre, re- guliere, reguliere“. Dabei setzen wir uns als JTI immer für einen konstruktiven Dialog ein, um sicherzustellen, dass neue Regelun- gen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Realitäten basieren. Wie wirksam sind aus Ihrer Sicht Werbe- verbote allgemein? Lothert: Die Wirksamkeit von Wer- beverboten ist ein vielschichtiges Thema. Studien zeigen sehr unterschiedliche Er- gebnisse, und es hängt stark von der Kon- sumkultur und den Marktgegebenheiten ab. Vorrangig stellt sich hier die Frage, ob die Einschränkung der Kommunika- tionsfreiheit und die damit verbundenen finanziellen Aufwendungen – etwa das Drucken farbiger Warnhinweise – noch in einem angemessenen Verhältnis zu den an- gestrebten Wirkungen stehen. Bei unseren Produkten kommt hinzu, dass ein Verkauf ohnedies nur an erwachsene Konsumentin- nen und Konsumenten erfolgt und zulässig ist. Wichtig ist, dass Konsumentinnen und Konsumenten für legale Produkte weiterhin Zugang zu Informationen haben und selbst eine informierte Wahl treffen können. Stichwort Tabaksteuer: Rund 76 % des Einzelhandelspreises von Zigaretten ist aktuell der Steueranteil. Wie ist diese Dop- pelrolle des Staates erklärbar? Lothert: Der Staat erhebt hohe Steuern auf Tabakprodukte, was einerseits seine Einnahmen sichert, andererseits als Steu- erungsinstrument dient, um den Konsum zu beeinflussen. Wir verstehen diese Ziel- setzung, setzen uns jedoch dafür ein, dass die Steuerlast fair gestaltet wird und die illegalen Marktströme durch zu hohe Steu- ern nicht gefördert werden. Der Staat wird

künftig verstärkt darauf achten müssen, dass alle Kategorien von Tabakprodukten und (nicht-medizinischen) nikotinhalti- gen Alternativprodukten fair und gerecht besteuert werden. Derzeit gibt es Tabak- produkte, die signifikant weniger besteu- ert sind als die Zigarette, und manche Nikotinprodukte unterliegen lediglich der Mehrwertsteuer. In Zukunft wird es entscheidend sein, ein abgestuftes Steuer- system je Produktkategorie zu etablieren, das sowohl deren potenziell positiven Eigenschaften als auch die Wettbewerbs- fairness berücksichtigt. Die Einfuhr illegaler Rauchwaren verur- sacht Steuerverluste. Was wird da von JTI und Österreich unternommen? Lothert: JTI engagiert sich intensiv im Kampf gegen den illegalen Handel mit Ta- bakprodukten. Durch Kooperationen mit den Strafverfolgungsbehörden, Sicherheits- maßnahmen und Sensibilisierungskampag- nen arbeiten wir daran, die Öffentlichkeit und die Politik für die Auswirkungen des illegalen Handels zu sensibilisieren. Auch modernste Track-and-Trace-Technologien werden eingesetzt, um den legalen Handel zu schützen. In der EU-Entwaldungs-VO kommt Tabak nicht vor. Wie stellen Sie Nachhaltigkeit sicher? Lothert: Die Wirtschaft erlebt der- zeit einen grundlegenden Wandel in ihrem Verständnis von Nachhaltigkeit. Investorinnen und Investoren, Konsu- mentinnen und Konsumenten, Regu- lierungsbehörden und Finanzinstitute fordern zunehmend starke Klimastrate- gien und transparente Berichterstattung. Richtlinien wie die Corporate Sustaina- bility Reporting Directive (CSRD), die EU-Entwaldungsverordnung und die EU Green Claims Directive verändern die regulatorischen Anforderungen. Bei JTI bereiten wir uns darauf vor, in diesem neuen Umfeld erfolgreich zu agieren. Der Klimawandel stellt unsere Branche vor enorme Herausforderungen, und bei JTI stellen wir uns ihnen direkt. Seit fast 20 Jahren integrieren wir Nachhal- tigkeit – also ökologische, soziale und Governance-Aspekte – fest in unsere Unternehmensstrategie. Dabei geht un- ser Ansatz über CO2-Reduktion hinaus: Wir setzen auf ganzheitliche Nachhal- tigkeit, die Klima, Natur und Menschen 7 wirtschaft economy person Zur Person — Biographie Ralf-Wolfgang Lo- thert, Rechtsanwalt (D), MBA (Uni- versity of Wales (UK)) wurde im Februar 1965 in Tübingen, Deutsch- land geboren und besuchte dort das Gymnasium. Nach dem Wehrdienst studierte er Jura in Tübingen und Freiburg. 1993 wurde er als Rechts- anwalt zugelassen. Sein Berufsweg führte ihn von der Treuhandanstalt Berlin über das Großbuchhandelsunternehmen Koch, Neff & Oettinger Co. GmbH in Stuttgart, ADtranz - Daimler Chrysler Railsystems GmbH (heute Bombardier) in Berlin zu Philip Mor- ris in München und später in Lausan- ne (Schweiz). Danach war er Rechts- anwalt und Member of the Advisory Board bei der Concilius AG, Mün- chen/Berlin. Seit 2013 ist Ralf-Wolfgang Lothert Mitglied der Geschäftsleitung bei JTI © ANDI BRUCKNER Austria GmbH und Leiter Corporate Affairs & Communication. Er ist Buchautor, in verschiedenen Funktionen und Organisationen aktiv, darunter im Werberat, Senat der Wirt- schaft und als Obmann der Tabakin- dustrie im Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie. gleichermaßen berücksichtigt. Um den schlimmsten Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken, müssen laut Weltkli- marat die Emissionen bis 2030 halbiert und bis 2050 auf null gesenkt werden. JTI orientiert sich an diesem wissen- schaftlich fundierten Weg und den Zie- len des Pariser Abkommens. Als globa- les Tabakunternehmen mit Wurzeln in der Landwirtschaft stehen wir bei Bio- diversität und Wasserbewirtschaftung in einer besonderen Verantwortung und sehen darin zugleich Chancen. Sind Ihre Produkte von Lieferkettengeset- zen und entsprechenden ähnlichen EU-Ini- tiativen betroffen? Lothert: Über die Sinnhaftigkeit mons- tröser Überregulierung haben wir im Vor- feld bereits gesprochen und ich glaube hier wird es zukünftig einiges an Entzerrung, Entbürokratisierung und Erleichterung ge- ben müssen, um einerseits dem Zweck der Gesetze Rechnung tragen zu können und andererseits die Unternehmen damit nicht zu überfordern. Aber ja, die Lieferkettenge- setze betreffen auch die Tabakbranche. In welchen Bereichen sehen Sie die meisten Herausforderungen auf JTI und die Men- schen zukommen? Lothert: Der steigende Regulierungs- druck sowie der rasante technologische Wandel stellen Unternehmen vor große Herausforderungen. Es wird zunehmend wichtiger, dass Unternehmen flexibel und anpassungsfähig bleiben, um mit den wach- senden Anforderungen im Bereich Nach- haltigkeit und Digitalisierung Schritt zu halten. Was ist Ihr Lieblingsessen? Lothert: Ich bin kulinarisch sehr expe- rimentierfreudig, esse eigentlich alles und versuche auch jeden Monat zwei bis drei neue Restaurants auszuprobieren. Persön- lich habe ich eine Vorliebe für einfache und traditionelle österreichische Gerichte – Wie- ner Schnitzel und Kaiserschmarrn gehören sicherlich mit dazu. Es ist eine Freude, die kulinarische Vielfalt Österreichs zu genie- ßen, die genauso geschichtsträchtig ist wie das Unternehmen selbst. volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

8 wirtschaft economy WEGE IN DIE BIOÖKONOMIE IM TEIL 2 WERDEN MÖGLICHE TRANSFORMATIONSWEGE AUF DEM WEG ZU EINER BIOÖKONOMIE GEZEIGT UND AKTIVITÄTEN DER BOKU AUFGEZEIGT. MARTIN GREIMEL Bioökonomie der Zukunft Weltweit haben mehr als 50 Länder be- reits eine nationale Bioökonomie-Strate- gie publiziert. Auf europäischer Ebene wurde die erste Bioökonomie-Strategie 2012 veröffentlicht und 2018 überarbei- tet. Derzeit ist eine weitere Überarbei- tung für 2025 geplant (siehe unten). Basierend auf der EU-Strategie 2018 hat das Bundesministerium für Nachhaltig- keit und Tourismus, das Bundesministe- rium für Bildung, Wissenschaft und For- schung und das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie im März 2019 die österreichische Bioöko- nomie-Strategie veröffentlicht. Ziel der Strategie ist es, die Bioökonomie in Ös- terreich zu stärken und die Nutzung von fossilen Materialien zu reduzieren. Ba- sierend auf der österreichischen Bioöko- nomiestrategie steht Bioökonomie für ein Wirtschaftskonzept, das fossile Ressourcen (Rohstoffe und Energieträ- ger) durch nachwachsende Rohstoffe in möglichst allen Bereichen und Anwen- dungen ersetzen soll. Der Fokus wird einerseits auf Roh- stoffquellen aus der Land- und Forst- wirtschaft, der Wasserwirtschaft und Reststoffe gelegt und andererseits auf die Nutzung dieser nachwachsenden Rohstoffe für Lebens- und Futtermittel, Chemikalien, Materialien und Energie. Nachwachsende Rohstoffe stehen nur begrenzt zur Verfügung und daher spielt bei dieser Transformation nachhaltiger Konsum eine wichtige Rolle. Die Prin- zipien Suffizienz, Effizienz und Konsis- tenz sind basierend darauf explizit in der Strategie angeführt. Weiters wird im Detail auf die Res- sourcen, Technologien und Produkte der Bioökonomie eingegangen. Die sechs Zielfelder sind: • Erreichung der Klimaziele • Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Rohstoffen reduzieren • Innovation fördern • Wirtschaftliche Entwicklung fördern • Arbeitsplätze sichern und schaffen • Nachhaltige gesellschaftliche Trans- formation fördern. 2022 hat die EU-Kommission einen Fortschrittsbericht vorgelegt. Auf dieser beruhend und auf Basis der 2023 erfolg- ten Berichte des Joint Research Centre (JRC) hat der Europäische Rat die Kom- mission aufgefordert, die Bioökono- mie-Strategie erneut zu überarbeiten. In den erwähnten Berichten wird erstmals im politischen Kontext hinterfragt, ob die notwendige Transformation mit dem durch den Green Deal und die Bioöko- nomie-Strategie verfolgten „Green Growth“ Paradigma vereinbar ist. Die auf wirtschaftliches Wachstum, techno- logische Innovation und anthropozentri- sche Werte basierenden Strategien haben aber nicht zu den gewünschten sozialen und ökologischen Veränderungen ge- führt. Die JRC-Berichte stellen daher Perspektiven vor, die im Bioökonomie- diskurs unterrepräsentiert sind, und in- tegriert sie in eine alternative Vision für eine „grüne, gerechte und ausreichende Bioökonomie“. Diese Vision stellt ökologische Nachhal- tigkeit und soziale Gerechtigkeit - unab- hängig von wirtschaftlichem Wachstum - in den Mittelpunkt. Die Umgestaltung der Bioökonomie erfordert ein Nachden- ken über die Geschichten, die wir über uns selbst, unseren Platz in der Natur und unsere Beziehung zueinander erzählen. Dafür ist eine partizipative Perspektive mit Fürsorge, Respekt und Gegenseitig- keit für und mit anderen Menschen und Nicht-Menschen ein zentraler Aspekt. Technologien sind wichtig, um die Ziele der „grünen, gerechten und ausreichenden Bioökonomie“ zu erreichen, aber ethische Erwägungen für neue Technologien müs- sen offen diskutiert werden. Ähnliche Überlegungen wie im JRC-Bericht werden im Jahr 2024 in der „Bioeconomy Youth Vision“ der EU Youth Ambassadors im Rahmen des Bioeconomy Changemakers Festival vorgestellt. Zur gleichen Zeit forderten 70 NGOs in einem Positionspapier, dass die neue EU-Bioökonomie-Strategie so- wohl ökologisch nachhaltig als auch so- zial gerecht sein muss. Diese Dokumente deuten darauf hin, dass sowohl aus Sicht der Wissen- schaft als auch aus Sicht der Zivilgesell- schaft die derzeitige Überarbeitung der Bioökonomie-Strategie einen Fokus auf eine „neue transfomative Bioökonomie“ richten sollte. Darin sollen vor allem die Bereiche ökologische Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit eine wichtige Rolle spielen. Das „Circular bio-based Europe Joint Undertaking“ (CBE) organisiert jährliche Projektausschreibungen. Die Ausgestaltung der Projektausschreibung 2024 zeigt, dass sich die bio-basierte Industrie bewusst ist, dass der Rohstoff Biomasse ein knappes Gut ist und da- her bewusster, effizienter, nachhaltig und kaskadisch eingesetzt werden muss. Weiters wird auch ein Fokus auf bioge- ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

9 wirtschaft economy ne Nischenrohstoffe (z.B. Mikroalgen, Hefen, Insekten) und Verwertungsmög- lichkeiten von derzeit nicht bzw. nur we- nig genutzten Seitenströmen/Abfall der bio-basierten Industrie gelegt. Die Zusammenarbeit mit den Primär- erzeugern der Biomasse wird ebenfalls verstärkt. Dabei wird besonders auf die Erzeugung von Biomasse außerhalb der Nahrungs- und Futtermittelproduktion eingegangen. Bioökonomie Aktivitäten der BOKU Das Zentrum für Bioökonomie an der BOKU University wurde 2019 gegrün- det und hat sich diesem ganzheitlichen Ansatz verpflichtet. Die BOKU Univer- sity ist prädestiniert für die Vermittlung und auch Entwicklung einer transfor- mativen Bioökonomie. Es gibt viele Life Science Universitäten in Europa, die sich mit den technischen und öko- nomischen Aspekten beschäftigen, eini- ge davon haben auch die ökologischen Aspekte im Fokus. Mir ist aber keine europäische (oder internationale) Uni- versität bekannt, die neben diesen drei Blickwinkeln auch noch die sozialen Gesichtspunkte in Forschung, Lehre und deren Übertragung auf die Gesellschaft gleichwertig berücksichtigt. Hier hat die BOKU University ein Alleinstellungs- merkmal und die Graphik zeigt die Ori- entierung weg von einem Säulenansatz hin zu einem holistischen Ansatz. Lebensmittelsektor und Bioökonomie Welchen Einfluss die Bioökonomie auf den Lebensmittelsektor hat, sei an eini- gen Punkten exemplarisch (und nicht vollständig) aufgezeigt: • Effizienz, Konsistenz und Suffizi- enz (siehe Teil 1 „Einführung in die Bioökonomie“) sollten auf allen Stu- fen und über alle Stufen des Lebens- mittelsektors hinweg berücksichtigt werden • Das Kaskaden- und Kreislaufprinzip muss zuallererst innerhalb des Lebens- mittelsektors angewendet werden. Erst wenn hier keine weitere Anwen- dungsmöglichkeit mehr gegeben ist, soll auf rangniedrigere Sektoren (z. B. Futtermittel, Chemikalien, Materiali- en, Energie) umgelegt werden • Die Konkurrenz um die Lebensmit- telrohstoffe bzw. Anbauflächen wird sich verstärken und über eine ver- stärkte Hinwendung zu flächenun- abhängiger/flächenminimierender Rohstoffproduktion (Insekten, Mik- roorganismen, Pilze, Algen, …) und dadurch geänderter Be- und Verar- beitungsprozesse sollte nachgedacht werden Dipl.-Ing. Dr. Martin Greimel, Leiter Zentrum für Bioökonomie, BOKU University, Wien volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

10 wirtschaft economy BRENNPUNKT LIEFERKETTE DAS SYMPOSIUM „BRENNPUNKT LIEFERKETTE“ DES FACHVERBANDS DER LEBENSMITTELINDUSTRIE VOM 24.–25.10.2024 IN WIEN HATTE SICH ZUR AUFGABE GESETZT, ZUSAMMENHÄNGE DARZUSTELLEN UND HINWEISE ZU GEBEN, WIE DIE VERSCHIEDENEN ANSÄTZE INTEGRIERT WERDEN KÖNNEN. ES ZEIGTE SICH, DASS ES DURCH DIE BÜNDELUNG DES WISSENS UND DEN ERFAHRUNGSAUSTAUSCH MÖGLICH IST, DIE SITUATION ÜBERSCHAUBARER ZU GESTALTEN. OSKAR WAWSCHINEK D ie Lebensmittelindustrie ist letztlich nicht nur von den direkt auf die Produk- tion bezogenen Richtlinien und Verordnungen betroffen, sondern daneben auch von allen Rechtsakten bzw. Querschnittsmaterien wie ESG (Environmental, Social, Governance), EU-Taxonomie, Lieferkettengesetze, Entwaldungs-VO und CSRDDD (Cor- porate Sustainability Due Diligence Di- rective), um nur einige zu nennen. Eine der Herausforderungen ist die Komplexität der Anforderungen – es sind bis zu 1.200 Datenpunkte zu be- werten bzw. ggf. zu erheben. Es gibt viele Ansätze, um diese Komplexität möglichst wenig kompliziert werden zu lassen. Daher wird aufgrund der immen- sen Datenmengen in Zukunft ein effizi- entes und effektives Datenmanagement der Schlüssel zur Bewältigung vieler He- rausforderungen sein. Ein weiterer Aspekt ist eine gewis- se Konsolidierung der Vorhaben auf EU-Ebene, die helfen würde, zwar die Ziele der legistischen Vorhaben zu errei- chen, dabei aber die Praxisorientierung und die Vernetzung der Datenströme für eine leichtere Umsetzbarkeit zu berück- sichtigen. Nicht zu vergessen bzw. zu unterschät- zen sind die Kosten, die den Unterneh- men für die Erfüllung der Vorgaben ent- stehen – qualifizierte Arbeitskräfte und ein internes Change Management sind ebenso zu bezahlen wie funktionierende EDV-Lösungen. Allerdings sind die Unternehmen derzeit in der Wertschöpfungskette auf Seiten des Lebensmitteleinzelhandels mit sehr kraft- vollen Partnern konfrontiert. Die bereits stark gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Energie und Arbeitskräften steigen durch die legistischen Herausforderungen noch- mals weiter an. Sowohl im Inland als auch im Export sind diese Kostensteigerungen über die Einnahmen und damit letztlich die Preise abzudecken. Die Wettbewerbs- fähigkeit der österreichischen und europä- ischen Lebensmittelhersteller muss daher im Zentrum der nächsten Bundesregie- rung bzw. der EU-Organe stehen. In dieser und der nächsten Ausgabe der Fachzeitschrift DIE ERNÄHRUNG bringen wir Beiträge vom Symposium. Mag. Sandra Mayer, RA Prof. Andreas Meister- ernst, Mag. Katharina Koßdorff, Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M. (v.l.n.r.) Eröffnung durch Mag. Katharina Koßdorff und Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M. Großes Interesse Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M. RA Prof. Andreas Meisterernst Auch in der Pause wird diskutiert. ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024 V F / R A S U H ©

11 wirtschaft economy Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Peter Klimek Panel I: RA Prof. Andreas Meisterernst, Dr. Gabriela Maria Straka, EMBA, Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M., Daniela Philipp, Mag. Gabriele Zgubic, RA Dr. Peter Thyri, LL.M. (NYU), LL.M.(DUK) Panel I: RA Prof. Andreas Meisterernst, Dr. Gabriela Maria Straka, EMBA Panel I: Mag. Gabriele Zgubic, RA Dr. Peter Thyri, LL.M. (NYU), LL.M.(DUK), DI Tamara Rudavsky, Daniela Philipp Panel II: Mag. Hartwig Kirner, Daniela Philipp, SC DI Johannes Fankhauser, Angela Reithuber, MSc MIM Dr. Daniela Andratsch, Mag. Hartwig Kirner, Daniela Philipp, SC DI Johannes Fankhauser, Angela Reithuber, MSc MIM Viele Fragen werden gestellt und beantwortet. RA Prof. Andreas Meisterernst neben den Ver- anstaltern: SC Dr. Ulrich Herzog, Mag. Katharina Koßdorff und Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M. Panel III: Mag. Sanela Terko, Mag. Nastassja Cerno, Daniela Philipp, Dr. Charlotte Eberl Panel III: Mag. Sanela Terko, Mag. Nastassja Cernko Selfie: Dr. Charlotte Eberl, Mag. Katharina Koßdorff Mag. Katharina Koßdorff, Mag. Sanela Terko, Mag. Nastassja Cernko, Daniela Philipp, Dr. Charlotte Eberl Panel IV: Daniela Philipp, SC Dr. Ulrich Herzog, DI Dr. Christian Plas Panel IV: Dr. Florian Tschandl, Mag. Gabriele Zgubic, RA Dr. Andreas Natterer Dr. Marlies Gruber, Josef Domschitz, RA Dr. Andreas Natterer, Univ.-Prof. Dr. Werner Schroe- der, LL.M., Mag. Tina Antonius, Dr. Florian Tschandl, Dr. Michael Blass RA Dr. Andreas Natterer, Mag. Katharina Koßdorff, SC Dr. Ulrich Herzog, Mag. Gabrie- le Zgubic, Dr. Florian Tschandl, Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M., DI Dr. Christian Plas RA Prof. Andreas Meisterernst, Mag. Katharina Koßdorff, Mag. Sandra Mayer, Univ.-Prof. Dr. Werner Schroeder, LL.M. volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

12 wirtschaft economy HERAUSFORDERUNG KONSUMENTENSCHUTZ DIE ERNÄHRUNG SPRACH MIT MAG. (FH) WOLFGANG HERMANN, GESCHÄFTSFÜHRER DES VKI (VEREIN FÜR KONSUMENTENINFORMATION), ÜBER DIE NEUAUSRICHTUNG DES VKI, STRATEGISCHE ZIELE, DIE ENTWICKLUNGEN VON VERBRAUCHERERWARTUNGEN GENERELL UND DIE ROLLE DES VKI IM BEREICH LEBENSMITTEL SOWIE DIE AUSWIRKUNGEN VON EU-ENTWALDUNGS-VO UND EU-LIEFERKETTENGESETZ. OSKAR WAWSCHINEK D ie Ernährung: Sie leiten den VKI seit 2020. Was haben Sie seither geändert? Wolfgang Hermann: Meine Aufgabenstellung sah ich von Beginn an zweigeteilt. Erstens ging es um die Wieder- herstellung der notwendigen finanziellen stabilen Basis, um den statutarischen Zie- len langfristig gerecht werden zu können. Zweitens ging es um die Neugestaltung des Geschäfts-/Betriebsmodelles, da es da- vor zu einem Reformstau kam und sowohl die Bedarfe der Konsument:innen als auch technologische Entwicklungen nicht mehr adäquat Berücksichtigung in der täglichen Arbeit fanden. Welche Erfolge sind Ihnen bisher gelun- gen? Was freut Sie persönlich am meisten? Hermann: Beide Themen wurden zu meiner Freude rasch angegangen. Die wirtschaftliche Stabilität und auch Reserven für die „Modernisierung“ konnten bereits nach rund zwei Jahren geschaffen werden. Seither arbeite ich mit einer Reihe neuer Mitarbeiter:innen daran, den VKI zur modernsten Ver- braucher:innenorganisation zu machen. Viele Prozesse werden mittlerweile digi- talisiert erledigt, womit der Aufwand für diese kontinuierlich verringert wird und damit mehr Ressourcen für nutzenstif- tende Aufgaben zugunsten der Konsu- ment:innen eingesetzt wird. Es ist mir ein besonderes Anliegen, dass Konsu- für alle Stakeholder werden, die aktiv und ehrlich daran mitarbeiten wollen. Wie sehen Sie die Entwicklung der Ver- braucherrechte generell? Hermann: Zwei diesbezügliche Sor- gen begleiten mich in der täglichen Arbeit: Erstens die Annahme von manchen, dass ohne Regulierung alles besser wird und zweitens die Annahme der anderen, dass alles nur mit mehr Regulierung besser wird. Aus meiner Sicht ist die ausgewoge- ne Balance notwendig, rechtlich lediglich das zu regeln, was tatsächlich geregelt werden muss und nicht mehr. Der VKI möchte zusätzlich zu den notwendigen gesetzlichen Rahmenbedingungen Beiträ- ge leisten, die Kundenzufriedenheit, Ver- trauen und Wachstum zum Ziel hat. Er- reichbar wird das aus meiner Sicht durch Information, Markttransparenz, ehrliches Unternehmertum, fairen Wettbewerb und reife Konsument:innenentscheidungen. Mein Ziel ist ein besseres Miteinander als die Steigerung des Gegeneinander. In welchen Bereichen sehen Sie die meisten Herausforderungen auf den VKI und die Menschen zukommen? Hermann: In allen gesellschaftlichen Bereichen sehe ich Informations-, Kompe- tenz- und Vertrauensdefizite. Wir werden daher versuchen, unsere Beiträge an allen Megathemen wie Gesundheit, Ernährung, Energie, Nachhaltigkeit, Verteuerung im © A.KONSTANTINOUDI/VKI Mag. (FH) Wolfgang Hermann ment:innen gut informiert bewusste Ent- scheidungen treffen können, die ihnen helfen, ihr Leben nach ihren Vorstellung zu führen. Das gelingt uns immer besser, was mich sehr freut. Welche strategischen Ziele haben Sie gesetzt? Hermann: Die strategischen Ziele be- treffen vor allem die Steigerung dieser Wir- kungen für Konsument:innen und diese wollen wir in Zukunft noch besser durch eine Vielzahl von Kooperationen herstel- len. Kooperationen schaffen gemeinsa- men Erfolg und gesellschaftliche Weiter- entwicklung. Der VKI soll eine Plattform ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

13 wirtschaft economy person Alltag zu orientieren und Systemüberblick, Marktinformationen bis zu den eigenen Entscheidungsmöglichkeiten und der Rechtsdurchsetzung anbieten. Seit 15 Jahren gibt es den Lebensmit- tel-Check. Wie sehen Sie das Verhältnis des VKI zur Lebensmittelindustrie? Hermann: Persönlich habe ich im- mer den Eindruck, dass es ein professi- onelles und gutes Verhältnis ist, was mir auch ein wichtiges Anliegen ist. Sollten es manche Vertreter:innen der Lebens- mittelindustrie anders sehen, stehe ich für Gespräche und gemeinsame Maß- nahmen im Interesse der Konsument:in- nen immer gerne zur Verfügung. Der VKI klagt immer wieder Hersteller und vergibt den Negativpreis „KON- SUM-Ente“… Wie hilft das den Konsu- mentinnen und Konsumenten konkret? Hermann: Klagen sollen Rechtssi- cherheit schaffen und zur Durchsetzung von gesetzlichen Ansprüchen führen, die andernfalls zu Unrecht vorenthal- ten werden. Darüber hinaus bietet der VKI aber auch eine Plattform für Kon- sument:innen, um ihren Unmut über ihnen wichtige Themen zu artikulieren. Aus meiner Sicht stellen wir damit auch wichtige Informationen für die Wirt- schaft zur Verfügung, wenn man im ei- genen Unternehmen auf Kundenzufrie- denheit setzen will. Es wird vom VKI immer wieder „Shrinkflation“ ins Treffen geführt und häufig der Begriff „Mogelpackung“ ver- wendet. In welcher Rolle sehen Sie da den VKI? Hermann: Wie bereits mehrmals be- tont, geht es mir um Transparenz und Fairness. Wenn die Kosten für Herstel- ler steigen, sollte das auch kommuni- ziert und nicht versteckt werden. Auf dieser Basis kann der/die Konsument:in seine/ihre Kaufentscheidung bewusst treffen. Das Thema „Nachhaltigkeit“ wird in der Öffentlichkeit immer wieder inten- siv diskutiert. Haben Sie eine Verände- rung der Anfragen von Konsumentinnen und Konsumenten in den verschiedenen Bereichen festgestellt? Hermann: Ja, wir stellen selbstver- ständlich Veränderungen fest. Es ist aber sicher nicht so, dass alle Konsument:in- nen gleich reagieren. Wir leben in einer komplexen und vielschichtigen Welt mit unterschiedlichen Lebenskonzepten und auch unterschiedlichen Möglichkeiten. Es gibt daher aus unserer Sicht nicht den/die „Normkonsument:in“. Es muss sich dafür nur jede/r selbst kritisch hin- terfragen und wird feststellen, weder in allen Bereichen des eigenen Lebens über ausreichend Informationen für wohl- durchdachte Entscheidung zu verfügen noch in allen Bereichen durchgängig gleich kritisch zu sein. Wie sehen Sie das Thema Greenwas- hing? Kommt da eine weitere Welle von Siegeln und Logos auf die Konsumen- tinnen und Konsumenten zu? Hermann: Bisher haben es Siegel und Logos leider nicht geschafft, für mehr Transparenz und verlässliche Informa- tionen zu sorgen. Ich gehe daher davon aus, dass sie auch beim Thema Nach- haltigkeit bestenfalls zur emotionalen Beeinflussung des/der Konsument:in führen können, aber nicht zu einer wirk- lichen Verbesserung führen. Wie sehen Sie Lieferkettengesetze und entsprechende ähnliche EU-Initiativen? Sind das Chancen für eine „gerechtere Welt“ oder „überzogene Bürokratie- monster, die Unternehmen in der EU wirtschaftlich schwächen“? Hermann: Selbstverständlich hoffe ich, dass diese Initiativen nicht zu einer dauerhaften Schwächung der Wirtschaft in der EU führen. Konsument:innen sind auch Dienstnehmer:innen oder selbst Unternehmer:innen. Es würde daher kei- nen Sinn machen, wenn in der EU Ziele verfolgt werden, die niemand will und niemand erreichen kann. Selbstläufer sind diese Initiativen aber sicher nicht. Es wird die Anstrengung von uns allen – Staat, Unternehmen und Zivilgesell- schaft – benötigen, um jene Werte, die dahinter stehen, zu erklären und ihnen durch Nachvollziehbarkeit und Akzep- tanz zum Durchbruch zu verhelfen. Wir müssen aber auch realistisch sehen, dass diese Werte einiges kosten werden. Zum Beispiel österreichischen Bauern und damit auch dem Handel höhere Tier- standards abzuverlangen, aber dann als Konsument:in billigere Produkte zu kau- fen und damit billigend in Kauf zu neh- men, dass damit diese Standards nicht eingehalten wurden, ist ein Problem, auf das wir Konsument:innen verstärkt hin- weisen werden. Es ist mir bewusst, dass es ein schwierig zu kommunizierendes Thema ist, weil viele von uns bisher da- rauf trainiert wurden, nur den eigenen Vorteil zu suchen. Das bringt uns aber gesellschaftlich nicht weiter, weswegen der VKI dafür seine ehrlichen Beiträge leisten möchte, auch wenn es schwierig wird. Wie sehen Sie im Lichte der Entwick- lung der Medienlandschaft das Print- medium „Konsument“? Wie entwi- ckeln sich die Abozahlen? Funktioniert Micro-Payment? Hermann: Dass Printmedien in ganz Europa rückläufig sind, ist kein Geheim- nis. Der KONSUMENT kann tatsäch- lich noch immer rund 41.000 zahlende Abonnent:innen ausweisen, was in Ös- terreich durchaus erfreulich ist. Dem Folge leistend haben wir einen umfang- reichen Relaunch durchgeführt, der in Ergänzung zum neuen Markenauftritt des VKI kürzlich umgesetzt wurde. Wir erreichen noch immer zahlreiche Konsu- ment:innen mit unserem Printmedium. Unsere laufende Digitalisierung ist je- doch darauf ausgerichtet, dass sich die Weiterentwicklungen des VKI massiv dem Ausbau der digitalen Abo-Systeme widmet. Ebenfalls wenig überraschend ist, dass sich Micro-Payment gut ent- wickelt, dies hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten mittlerweile in Öster- reich gut etabliert. Was ist Ihr Lieblingsessen? Hermann: Die Kartoffelsuppe mei- ner lieben Frau. volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

14 wirtschaft economy TRANSPARENZ IN DER LIEFERKETTE: VERANTWORTUNG UND HERAUSFORDERUNGEN MIT DER EINFÜHRUNG DER EU-ENTWALDUNGS-VERORDNUNG (EUDR) WIRD EIN WEITERER REGULATORISCHER SCHRITT GESETZT, TRANSPARENZ IN DER LIEFERKETTE ALS WESENTLICHEN BESTANDTEIL UNTERNEHMERISCHER VERANTWORTUNG ZU VERANKERN. DIE GEFORDERTE TRANSPARENZ IN DER LIEFERKETTE WIRD DAMIT IMMER MEHR ALS NUR EIN OBERFLÄCHLICHER TRENDBEGRIFF – SIE IST EIN ZENTRALER ASPEKT, DEM SICH UNTERNEHMEN WIE MANNER VERPFLICHTEN UND ÜBER DEN SIE NACH STRENG DEFINIERTEN VORGABEN BERICHTEN MÜSSEN. ANGELA REITHUBER V erantwortung war und ist bei Manner ein wesentlicher Unternehmenswert, der sich auch in unserer Lieferkette widerspiegelt. Selbst die Firmengründung 1890 lag einem gesellschaftlichen Aspekt zugrunde. Josef Manner war mit der Qua- lität der Schokolade der damaligen Zeit nicht zufrieden und hatte den Gedanken, sie selbst zu produzieren: „Jedes Kind, das einen Kreuzer für meine Sachen ausgibt“, so seine Philosophie, „soll dafür nicht bloß eine Nascherei, sondern auch ein wertvolles Nahrungsmittel haben." Qualität bildete somit den Eckpfeiler des Unternehmens und daran hat sich bis heute nichts geän- dert. Nachhaltigkeit ist eine der Säulen der Manner-Strategie 2026 und ein klarer Fokus des Managements. Als Österreichs größter Fairtrade Partner im Bereich Kakao beziehen wir generell 100 % zertifizierten Kakao, den wir von der Bohne weg in un- seren Werken Wien und Wolkersdorf ver- arbeiten. Die EUDR gepaart mit einer Vielzahl weite- rer neuer und umfassender Rechtsakte aus dem EU Green Deal, die allesamt in kürzes- ter Zeit Umsetzung finden müssen, stellen unser Unternehmen aber auch vor immense Herausforderungen. Die Implementierung der Rechtsakte binden hohe interne Res- Die globalen Herausforderungen und die daraus resultierende Vielzahl an Rechtsak- ten erfordert ein gutes Maß an Weitblick und die Bereitschaft, tiefgreifende Trans- formationen in unseren Geschäftsabläufen voranzutreiben. Ein zentraler Erfolgsfaktor zur Bewältigung dieser Herausforderungen im Unternehmen besteht in der kontinu- ierlichen Einbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die übergeordneten stra- tegischen ESG-Ziele (Environmental Social Governance – Umwelt, Soziales und Un- ternehmensführung) im globalen Kontext – dem „Warum“ hinter all diesen Maßnah- men, worauf die Fülle an Vorgaben letztlich abzielt. Es ist entscheidend, die Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter aktiv und wieder- kehrend abzuholen, ihnen die Beweggründe für die unternehmerischen Schritte zu ver- mitteln und das Bewusstsein für drängende Themen der planetaren Grenzen wie die Klimakrise, als auch Zielkonzepte wie die UNO-Ziele für Nachhaltige Entwicklung (SDGs) fortlaufend zu schärfen. Initiativen wie ESG-Tage und Workshops in den Ab- teilungen tragen nicht nur zur Akzeptanz der Veränderungen bei, sondern stärken auch die Motivation und das gemeinsame Verständnis für die unternehmerische Ver- antwortung im Hinblick auf ökologische und soziale Belange. Angela Reithuber © HUSAR/FV sourcen, erfordern intensiven Wissensauf- bau über sämtliche Abteilungen hinweg und beeinflussen sowohl Prozesse als auch weitreichende strategische Entscheidungen. Dabei gilt es immer, das gesamte Spekt- rum an Anforderungen von Rechtsakten, Banken und Kunden im Überblick zu be- halten. Bei der Anpassung von Prozessen, IT-Schnittstellen und Strategien müssen Synergien konsequent erfasst werden, um dem hohen Ressourcenbedarf so weit wie möglich entgegenzusteuern. ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

15 wirtschaft economy Bei der Umsetzung von Rechtsakten wie etwa der Entwaldungsverordnung zeigen sich durchaus auch positive Effekte im Un- ternehmen, wie etwa der Fokus auf strate- gische Entscheidungen in den Lieferketten. Das Thema Direct Sourcing und die Vortei- le der Rückwärtsintegration rücken zentral in die strategische Betrachtung. Manner baut beispielsweise seit einigen Jahren eine eigene Haselnussplantage in Aserbaid- schan auf, die zukünftig ca. 20 % unseres Haselnussbedarfs abdecken soll. Die Im- plementierung von ESG-Kriterien in unse- rer Lieferantenauswahl gewinnt ebenfalls immer mehr an Bedeutung. Darüber hin- aus spielen Zertifizierungen der Rohstoffe eine zentrale Rolle, die sich ebenfalls wei- terentwickeln müssen, um in der aktuellen Regulierungslandschaft - wie etwa der Ent- waldungsverordnung - relevant zu bleiben. Wir arbeiten mit unseren Partnern in dem Bereich eng zusammen, um uns gemeinsam den Herausforderungen zu stellen. Im Rahmen der Entwaldungsverordnung kooperieren wir aktiv mit ausgewählten Kunden an Pilotprojekten – insbesondere in den Bereichen IT-Schnittstellen und Pro- zessabläufe. Dieser gezielte Austausch von Wissen und Erfahrungen ist aus unserer Sicht entscheidend, um die regulatorischen Anforderungen effizient zu erfüllen. Die Kritik an der praktischen Umsetzung sowie der Fristigkeit der zahlreichen, neu- en Regulierungen ist aus unserer Sicht auch durchaus berechtigt. Viele der aktuellen Rechtsakte sind noch nicht vollständig ausgereift. So bestehen insbesondere im Hinblick auf die EUDR noch zahlreiche ungelöste Fragen, die für eine erfolgreiche operative Umsetzung in Unternehmen von entscheidender Bedeutung sind. Dies be- trifft sowohl unklare Prozessabläufe und Zeitrahmen als auch die Handhabung von Geo-Daten aus dem EU-Informationssys- tem. Besonders für ein Unternehmen un- serer Größe – mit einem Umsatz von rund 270 Millionen Euro und einer Börsenno- tierung – stellt die Komplexität eine er- hebliche Herausforderung dar, da die Res- sourcen großer Konzerne fehlen, um diese Anforderungen schnell umzusetzen. Mit den neuen Rechtsakten im Rahmen des EU Green Deals wächst oft auch die Be- fürchtung, dass die geforderte Transparenz zu Wettbewerbsnachteilen führen könnte. Wir bei Manner sind fest davon überzeugt, dass nachhaltiges Handeln und Transparenz Hand in Hand gehen. Nachhaltiges Wirt- schaften verlangt ein umfassendes Verständ- nis des gesamten Netzwerks, in dem wir mit all seinen Interdependenzen tätig sind - ein verengter Blickwinkel ist dabei kontrapro- duktiv. Unsere strategischen Partnerschaf- ten entlang der Wertschöpfungskette sind hierbei von zentraler Bedeutung, und ein offener, intensiver Dialog mit unseren Part- nern und Stakeholdern ist unerlässlich. Nur durch einen gemeinsamen Ansatz können wir innovative Lösungen entwickeln und kontinuierlich Prozesse optimieren. Bei all den Kritikpunkten müssen wir aber auch erkennen, dass eine mangelnde Trans- parenz in der Lieferkette immer mehr auch ein beachtliches wirtschaftliches Risiko dar- stellt. Unsere Vorstände treiben den Trans- formationsprozess aktiv voran und treffen weitgehende, strategische Entscheidungen. Nur so können wir als Unternehmen den Herausforderungen im Heute und in der Zukunft gerecht werden, unsere Verant- wortung für eine nachhaltige Entwicklung wahrnehmen und den langfristigen Erfolg von Manner sicherstellen. Die wachsenden regulatorischen Anfor- derungen stellen uns vor Herausforderun- gen, die tiefgreifende strukturelle Anpas- sungen erfordern sowie eine konsequente Begleitung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch diese Transformations- prozesse hindurch verlangen. Gleichzei- tig bieten sie Chancen und kennzeichnen auch die wirtschaftliche Notwendigkeit, ökologische und soziale Verantwortung aktiv zu gestalten. Indem wir Transpa- renz und Nachhaltigkeit entlang unserer gesamten Wertschöpfungskette fördern, leisten wir einen Beitrag zur Bewältigung der globalen Probleme und stellen sicher, dass Manner als resilientes Unterneh- men für die Zukunft aufgestellt ist. Dies ist nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch eine strategische Möglichkeit, uns als Vorreiter in der Süßwarenbranche zu positionieren und nachhaltige Werte zu schaffen, die über Jahrzehnte hinweg Be- stand haben. Angela Reithuber MSc MIM, ESG-Managerin Josef Manner & Comp. AG, Wien volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

16 wirtschaft economy SCHUTZ DER WÄLDER: EIN PLÄDOYER Warum eine faire Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) wichtig ist DER VERLUST TROPISCHER REGENWÄLDER IST EINES DER GRAVIERENDSTEN UMWELTPROBLEME UNSERER ZEIT. DIESE WÄLDER SIND NICHT NUR HEIMAT UNZÄHLIGER ARTEN, SONDERN AUCH VON GANZ ENTSCHEIDENDER BEDEUTUNG FÜR DAS GLOBALE KLIMA. DENNOCH SCHREITET DIE ABHOLZUNG DER TROPENWÄLDER IN ALARMIERENDEM TEMPO VORAN. HARTWIG KIRNER U m diese Entwicklung zu stop- pen, hat die EU mit der Ent- waldungsrichtlinie (EUDR) einen wichtigen Schritt un- ternommen: Ab 2025 sollen Produkte, die mit Entwaldung in Verbindung ste- hen, auf dem EU-Markt verboten wer- den. Dies ist ein wichtiger Teil des euro- päischen Green Deals und zielt darauf ab, Produkte wie Kakao, Kaffee oder Palmöl nur noch dann zuzulassen, wenn sie nachweislich „ohne Entwaldung“ produziert wurden. Warum wir trotzdem für eine Verschiebung sind Hartwig Kirner © FAIRTRADE AUSTRIA FAIRTRADE Österreich steht voll hin- ter den Zielen dieser Verordnung. Was aber aus unserer Sicht viele beteiligte Organisationen und Unternehmen ent- lang der globalen Lieferketten brauchen, ist mehr Zeit für die Vorbereitung und erfolgreiche Umsetzung der Verord- nung: So haben Unternehmen in Öster- reich und im übrigen Europa bis zuletzt Probleme im Bereich der technischen Umsetzung kritisiert. Eine komplexe Datenbank muss aufgebaut werden, um die Warenströme zu erfassen und Trans- parenz in den Lieferketten zu ermögli- chen. Dafür gibt es aber noch zu wenig Expertise bzw. Probleme in der Umset- zung sowie fehlende IT-Schulungsmög- lichkeiten. Produzentenorganisationen im Süden wiederum müssen dafür sorgen, dass die Geodaten ihrer Anbauflächen zeit- nah und korrekt erfasst werden. Dies ist kosten- und zeitintensiv, daraus resultie- rende Verzögerungen könnten nun dazu führen, dass für sie Europa als Absatz- markt ganz verloren geht. Und das wäre absolut nicht im Sinne der Verordnung gewesen. Die Verschiebung der Frist um ein Jahr auf den 31. Dezember 2025 ist ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024 daher sinnvoll und gibt allen Beteiligten mehr Zeit für die notwendigen Vorberei- tungen. Wie unterstützt FAIR- TRADE Produzenten? Fairtrade International berät und beglei- tet Produzentenorganisationen bei der Vorbereitung auf die EU-Entwaldungs- verordnung. Eine internationale Ko- operation mit dem Unternehmen Satel- ligence hilft, Entwaldungsrisiken durch satellitengestütztes Landnutzungs-Moni- toring zu minimieren. Dazu stellen die FAIRTRADE-Partner- organisationen Geodaten der Anbau- flächen ihrer Mitglieder zur Verfügung. Diese Daten werden ausgewertet und ermöglichen es, potenzielle Abholzungs- aktivitäten und deren Nähe zu Schutz- gebieten zu erkennen - ein wichtiger Aspekt für die Risikobewertung der teil- nehmenden Kooperativen. Darüber hi- naus entwickelt Fairtrade International digitale Lösungen, die es FAIRTRADE- zertifizierten Kooperativen ermögli- chen, die zuvor erfassten Daten für eine bessere Marktpositionierung und strategische Entscheidungen zu nutzen. Auch die bestehenden FAIR- TRADE-Standards wurden teilweise

17 wirtschaft economy bereits „EUDR-fit“ gemacht, um die Umsetzung in Zukunft zu erleichtern, Doppelgleisigkeiten bei der Kontrol- le zu vermeiden und Kosten zu spa- ren. Die überarbeiteten FAIRTRADE- Standards für Kakao (2022) und Kaffee (2024) ergänzen daher die Maßnahmen zur Erfüllung der EUDR und gehen teil- weise über die gesetzlichen Anforderun- gen hinaus. Gemeinsam gegen Abholzung und für Versorgungssicherheit FAIRTRADE appelliert an die Europäi- sche Kommission, die EU-Mitgliedstaa- ten und die Wirtschaft, in Zukunft noch enger mit den Produzentenorganisatio- nen zusammenzuarbeiten, damit diese trotz begrenzter Ressourcen nicht vom europäischen Markt ausgeschlossen werden. Darüber hinaus sind Marktan- reize und finanzielle Mittel notwendig, um Kooperativen und ihre Mitglieder bei der Erfüllung der EUDR-Anforde- rungen zu unterstützen. Ein Nichthan- deln wird langfristig höhere Kosten verursachen als die vorsorgliche Umset- zung und Einhaltung von Umweltstan- dards. Denn viele Rohstoffmärkte sind bereits heute starken Schwankungen unterworfen, die sich durch die globale Erwärmung noch verstärken könnten. Extremwetterereignisse wie Dürren oder Überschwemmungen verringern die Produktionskapazitäten, erhöhen den Druck auf Kleinbauernfamilien und steigern die Volatilität an den Rohstoff- märkten. Schutz der Umwelt dient uns allen den Schutz der Regenwälder im öf- fentlichen und politischen Diskurs zu verankern. Unsere Vision ist es, lang- fristig globale Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem Schutz der Umwelt dienen und gleichzeitig faire Arbeits- und Lebensbedingungen aller Men- schen ermöglichen - und zwar welt- weit! Rechtliche Meilensteine wie die EU-Entwaldungsverordnung haben da- bei globale Auswirkungen und können bei einer zielgerechten Umsetzung als Werkzeug dienen, um dieser Vision ei- nen Schritt näher zu kommen - trotz al- ler Widerstände. Das Ziel ist noch lange nicht erreicht, aber wir sind optimistisch und arbeiten weiter mit Volldampf dar- an, damit auch die nachfolgenden Gene- rationen in einer lebenswerten Umwelt mit intakten Regenwäldern aufwachsen werden können. Die Umsetzung der EUDR bietet die Chance, das Bewusstsein für ökologi- sche Verantwortung zu schärfen und Mag. Hartwig Kirner, Geschäftsführer von FAIRTRADE Österreich, Wien IHR PARTNER IN ÖSTERREICH FÜR FRUCHT-, GEMÜSEPULVER UND FLEISCHPRODUKTE Michael Lang Product Manager tel.+41 78 882 04 77 (direkt) lang@trawosa.ch TRAWOSA AG Poststrasse 15, CH-9000 St.Gallen tel. +41 71 844 98 40, fax. +41 71 844 98 49 www.trawosa.ch volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

18 wirtschaft economy GREEN CLAIMS DIRECTIVE: STRENGERE REGELN GEGEN GREENWASHING IN DER EU BEGRIFFE WIE „NACHHALTIG“, „KLIMANEUTRAL“ ODER „ÖKOLOGISCH VERTRÄGLICH“ – SOGENANNTE „GREEN CLAIMS“ – SIND SEIT EINIGER ZEIT EIN FESTER BESTANDTEIL DER PRODUKTWERBUNG UND DER MARKETINGAUSSAGEN VON UNTERNEHMEN, WENN ES DARUM GEHT, IHRE BEMÜHUNGEN IM BEREICH DER NACHHALTIGKEIT AM MARKT ZU KOMMUNIZIEREN. BERNHARD KASPER, FLORIAN HEINZL D er Wahrheitsgehalt dieser Umweltaussagen ist für Konsumentinnen und Kon- sumenten jedoch oft nur schwer zu beurteilen. Um Verbrauche- rinnen und Verbraucher beim Treffen umweltfreundlicher Kaufentscheidun- gen zu unterstützen, soll das Anbringen von irreführenden Umweltaussagen und intransparenten Umwelt- und Nachhal- tigkeitssiegeln mittels zwei neuer Richtli- nien der EU unterbunden werden. Die Basis, was unter Greenwashing zu verstehen ist, legt die Empowering Consumers Richtlinie (EmpCo-RL)1 fest, indem bestimmte Aussagen verboten bzw. nur mehr unter bestimmten Bedin- gungen erlaubt werden. So sollen allge- meine Umweltaussagen wie „umwelt- verträglich“, „nachhaltig“ etc. nur mehr gestattet sein, wenn sie sich auf eine „anerkannte hervorragende Umwelt- leistung“ beziehen, die mittels EU-Eco- label oder offiziell anerkannter nationa- ler Umweltkennzeichen nachgewiesen wird. Die Richtlinie ist am 26.03.2024 in Kraft getreten und muss von den Mit- gliedstaaten bis zum 27.03.2026 in nati- onales Recht umgesetzt werden. Das zweite Regelwerk zur Verhin- derung von Greenwashing ist die im Entwurfsstadium befindliche Green-Claims-Directive.2 Während die EmpCo-RL eine „Blacklist“ an verbo- tenen Werbeaussagen festlegt, regelt die © ERNST & YOUNG DENKSTATT GMBH © ERNST & YOUNG DENKSTATT GMBH Bernhard Kasper Florian Heinzl Green Claims Richtlinie – neben noch strengeren Vorgaben für Nachhaltig- keitssiegel – spezifische Vorgaben für die Anwendung von (erlaubten) Um- weltaussagen. Die Anforderungen an Begründung (Substantiierung), Kom- munikation und Überprüfung werden detailliert festgelegt. Die Richtlinie soll laut Plan der EU-Kommission noch vor Ende des Jahres 2024 verabschiedet werden, was jedoch von den politischen Rahmenbedingungen auf EU-Ebene ab- hängt. Einige Punkte der Richtlinie soll- ten in der weiteren Gesetzgebungsphase jedoch – wie unten ausgeführt - noch klarer definiert werden. Knackpunkt Begründung („Substantiierung“) Der wohl anspruchsvollste Punkt der Green Claims Directive betrifft die Be- gründung (Substantiierung) von Um- weltaussagen. Unternehmen dürfen nur mehr mit fundierten Daten werben, die nachweislich für das Unternehmen we- sentliche Umweltauswirkungen adressie- ren. Was wie eine Selbstverständlichkeit wirkt, stellt sich in der Praxis durch die hohen Anforderungen in der Richtlinie als herausfordernd dar. Unternehmen müssen für ihre Green Claims eine Be- gründung liefern und diese muss sich auf ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

19 wirtschaft economy „allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, genaue Informati- onen verwenden und Methoden und ein- schlägige internationale Standards wie in Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr 1025/2012 berücksichtigen“.3 Zudem sollen Nachweise geliefert wer- den, dass die Umweltauswirkungen, die Umweltaspekte oder die Umweltleis- tung, die Gegenstand der Aussage sind, in Hinblick auf den Lebenszyklus von Bedeutung sind (im Englischen: „de- monstrate […] that environmental cha- racteristics […] that are subject to the claim are relevant and significant in par- ticular from a life-cycle perspective“). Was bedeutet nun diese geforderte Rele- vanz bzw. Bedeutsamkeit einer Umwelt- aussage in Bezug auf die beschriebene „life-cycle perspective“? Die Durchfüh- rung einer Lebenszyklusanalyse nach ISO 14040/14044 bzw. nach den Eu- ropäischen Methoden zur Berechnung des Umweltfußabdruckes4 würde dem Anspruch an allgemein anerkannte wis- senschaftliche Methoden entsprechen. Eine Lebenszyklusanalyse (LCA) eines Produktes berechnet auf wissenschaft- licher Basis alle relevanten Wirkungs- kategorien, vom Treibhausgaspotenti- al (Berechnung eines Product Carbon Footprints) über Ozonabbaupotential und Versauerungspotential bis hin zur Ökotoxizität. Bezüglich der Gewich- tung unterschiedlicher Wirkungskate- gorien legt der Richtlinienentwurf in den Erwägungen mit dem Verweis auf eine Abdeckung von 80% jedoch eine in der Praxis unerfüllbare Hürde – wie soll ein Green Claim gestaltet werden, der beispielsweise so unterschiedliche Wirkungen wie Treibhausgaspotential und Ökotoxizität abdeckt? Dies sollte im weiteren Gesetzgebungsprozess noch geklärt werden. Expertenwissen sowohl für die Durchführung der LCA als auch die Interpretation der Ergebnisse ist da- bei jedenfalls notwendig. Zudem muss angemerkt werden, dass Lebenszyklus- analysen zeitlich aufwändige und kos- tenintensive Studien sind. Aus den Erwägungsgründen der Green Claims Directive könnte man jedoch ableiten, dass auch Alternativen zu ei- ner vollständigen Lebenszyklusanalyse zulässig sind. So lässt sich die Relevanz eines Umweltaspektes auch durch die verschiedenen Typ-I-Umweltzeichen wie dem EU-Umweltzeichen oder dem österreichischen Umweltzeichen, aus den (technischen) Anforderungen der Taxonomieverordnung5 oder den künftigen technischen Anforderungen der Ökodesign-Verordnung ableiten. Ob dies uneingeschränkt gilt (z. B.: Verwendung eines Green Claims zum Wasserverbrauch, wenn das Umwelt- zeichen viele andere Umweltaspekte neben dem Wasserverbrauch anführt) bleibt ebenso unklar. Sollte die Erwäh- nung eines Umweltaspektes allerdings uneingeschränkt gelten, so würde den Unternehmen ein weiter Spielraum gegeben, da diese Vorgabedokumente normgemäß viele Umweltaspekte ab- decken. Der Europäische Rat hat in seinem Standpunkt neben der „life-cycle per- spective“ des Art 3 ein vereinfachtes Verfahren6 zur Begründung und damit eine Ausnahme für bestimmte Arten von Umweltaussagen eingeführt. Für diese Aussagen soll es möglich sein, die Einhaltung der Vorschriften durch Ausfüllen eines technischen Doku- ments statt einer Verifizierung zu be- legen. Für welche Aussagen dies gelten soll, wird u.a. durch die Europäische Kommission in Durchführungsakten festgelegt. Kommunikation und Verifizierung Neben der Begründung legt die Green Claims Directive Form und Inhalte der Information fest, die Verbraucherin- nen und Verbrauchern zur Verfügung gestellt werden muss.7 Informationen über das Produkt oder das Unterneh- men, das Gegenstand der Umweltaus- sage ist, sowie Informationen über die Begründung sind zusammen mit dem Green Claim z. B. in Form eines Weblinks oder eines QR-Codes zu ver- öffentlichen. Zu diesen zusätzlichen Informationen gehören unter anderem die Studien oder Berechnungen, auf denen die Umweltaussage beruht, oder bei klimabezogenen Umweltaussagen Angaben darüber, inwieweit die Aus- sagen auf Kompensationen beruhen. Um Greenwashing schon im Ansatz zu verhindern, sollen Green Claims vor Veröffentlichung und danach in Abständen von höchstens fünf Jahren einer Überprüfung durch unabhängi- ge, akkreditierte Stellen unterzogen werden. Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Prävention von Greenwashing wird durch die genannten Richtlinien auf solide Beine gestellt. In der Umsetzung bestehen jedoch speziell bei der Be- gründung noch Unschärfen. Experten- wissen ist bei dieser Abwägungsfrage mehr denn je gefragt, um bei der Kom- munikation „auf der sicheren Seite“ zu sein. Mag. Bernhard Kasper und Florian Heinzl, LL.M. (WU) beide Ernst & Young denkstatt GmbH, Wien Literatur [1] Richtlinie 2024/825 […] zur […] Stär- kung der Verbraucher für den ökolo- gischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und durch bessere Informationen. [2] In diesem Artikel wurden der Vorschlag über die Green Claims Directive vom 22.3.2023 sowie die „Allgemeine Aus- richtung des Rates“ vom 17. Juni 2024 berücksichtigt. Die allgemeine Ausrich- tung des Rates bildet die Grundlage für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über die endgültige Fassung der Richtlinie. [3] Art. 2 Abs 1 bezieht sich auf eine von einer anerkannten Normungsorganisati- on angenommene technische Spezifika- tion, deren Einhaltung nicht zwingend ist, wie internationale Normen nach ISO 14064 (Corporate Carbon Foot- print) oder ISO 14067 (Product Carbon Footprint), europäische Normen (Europäisches Umweltzeichen) oder na- tionale Normen wie das österreichische Umweltzeichen. [4] Empfehlung (EU) 2021/2279 der Kommission vom 15. Dezember 2021 zur Anwendung der Methoden für die Berechnung des Umweltfußabdrucks zur Messung und Offenlegung der Umweltleistung von Produkten und Or- ganisationen entlang ihres Lebenswegs. [5] Erwägungsgrund (17) Green Claims Directive. [6] Art 3a der „Allgemeine Ausrichtung des Rates“. [7] Art 5 der Green Claims Directive. volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

© ADOBE STOCK – UMUT 20 technik technology WIE SICHER SIND RECYCELTE KUNSTSTOFFE? „SICHER UND NACHHALTIG?“ DIESE FRAGE STELLTE DR. ELISABETH PINTER VOM ÖSTERREICHISCHEN FORSCHUNGSINSTITUT (OFI) AUF DER FACHPACK IM EXPERTENFORUM PACKBOX ÜBER DIE BEWERTUNG VON VERPACKUNGSMATERIALIEN MIT SCHWERPUNKT AUF REZYKLATEN. FEST STEHT: BIS 2030 MÜSSEN ALLE VERPACKUNGEN IN DER EU RECYCELBAR SEIN. MATTHIAS MAHR D ie Ziele der europäischen Kreislaufwirtschaft erfordern den Einsatz recycelter Poly- mere – auch in sensiblen Be- reichen wie der Lebensmittelverpackung. Genau deshalb rücken Kunststoffe für Lebensmittelverpackungen immer stärker in den Fokus wissenschaftlicher Untersu- chungen. Das Ofi, der FH Campus Wien und Fraunhofer waren federführend bei der Studie zur „Sicherheitsbewertung von recycelten Kunststoffen aus Post-Verbrau- cher-Abfällen mittels einer Kombination aus einem miniaturisierten Ames-Test und chromatografischer Analyse“. Der Einsatz von Rezyklaten in Lebens- mittelverpackungen ist bisher nur ein- geschränkt möglich. Strenge Vorgaben müssen eingehalten werden – aus gutem Grund: Wiederverwertete Kunststoffe können Verunreinigungen enthalten, die aus früherem Gebrauch stammen und potenziell gesundheitsschädlich sein kön- nen. Der Schutz der Gesundheit und die Sicherheit der Verbraucher haben höchste Priorität. Deshalb beschränken die EU-Re- gularien den Einsatz von Rezyklaten – um sicherzustellen, dass keine gefährlichen Substanzen auf Lebensmittel übergehen. Das ist technologisch herausfordernd: Viele Verpackungen bestehen aus Mehr- schichtverbunden, die zwar optimal schüt- zen, aber schwer zu recyceln sind. Hinzu kommt die Gefahr, dass unerwünschte Ge- rüche oder Geschmacksstoffe aus recycel- tem Material auf Lebensmittel übergehen. Da Rezyklate unbekannte Substanzen enthalten können, bewertet die Europäi- sche Behörde für Lebensmittelsicherheit Recyclingprozesse anhand des Worst-Ca- se-Szenarios: Jede Verunreinigung wird als DNA-reaktives Mutagen oder Karzinogen mit extrem niedrigen Sicherheitsgrenzen betrachtet. In der oben genannten Studie wurden 119 Proben von Kunststoffrecy- clingmaterialien mit einem miniaturisier- ten Ames-Test untersucht, um wissen- schaftliche Beweise für das Vorhandensein solcher Stoffe zu liefern. Studienergebnis: Mutagene Effekte Die Ergebnisse der Studie, präsen- tiert im Herbst 2023, sorgten für Aufsehen: In recyceltem Polyethylen- terephthalat (PET), das bereits für den Lebensmittelkontakt zugelassen ist, wurden keine DNA-reaktiven Mu- tagene gefunden. Eine positive und erwartbare Nachricht, weil es hier im Flaschenbereich funktionierende Kreislaufsysteme gibt und PET zu den „lebensmittelechten Kunststoffen“ zählt. Diese beeinflussen die verpack- ten Lebensmittel nicht, da sich aus den Polymeren keine Stoffe, die an die Lebensmittel abgegeben werden könnten, herauslösen. Jedoch: Ande- re recycelte Kunststoffe (Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol), die aktuell nicht für Lebensmittelkontakt zuge- lassen sind, zeigten in 51 Proben mu- tagene Effekte. Die Wissenschaftler schlussfolgerten aus den Ames-Testdaten und dem Vergleich von Ein- und Ausgangs- materialien, dass die DNA-reakti- ven Verunreinigungen nicht zufäl- lig durch missbräuchliche Nutzung durch Verbraucher entstehen, son- dern systematisch während des Recy- clingprozesses. ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

Mineral oil in your food products? The complete solution for MOSH/MOAH analysis As a manufacturer of food or food packaging, get on the safe side with Shimadzu’s MOSH/MOAH analysis solution. It specializes in sensitive and fast detection of mineral oil contaminations (European Norm 16995:2017). Fully-automatic LC-GC online system* Fast and simultaneous determination of MOSH and MOAH in just 30 minutes: The LC-GC combination with flame ioniza- tion detection (FID) provides highly efficient analysis covering preparation, pre-separation and automated processes Comprehensive GCxGC-MS system The GCxGC-MS comprehensive system enables more detailed analysis of MOSH/MOAH in food and food packaging prod- ucts: the GC-MS method verifies the LC-GC-FID results while the ChromSquare software** allows interpretation of the characteristic mass spectra Fully-automatic LC-GC online system www.shimadzu.at * In cooperation with Axel Semrau GmbH, Germany ** ChromSquare is a product of Chromaleont srl, Italy

22 technik technology © ADOBE STOCK – CURIOSO.PHOTOGRAPHY HÄUFIGE GEFAHREN IN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE LEBENSMITTELSICHERHEIT UND ARBEITSSCHUTZ SIND SOWOHL FÜR DIE BESCHÄFTIGTEN IN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE ALS AUCH FÜR DIE ENDVERBRAUCHER WICHTIG. DIE UNTERNEHMEN DIESER BRANCHE SIND NICHT NUR GESETZLICH VERPFLICHTET, SONDERN AUCH MORALISCH UND ETHISCH DAZU ANGEHALTEN, DIE HÖCHSTEN GESUNDHEITS- UND SICHERHEITSSTANDARDS EINZUHALTEN. I m Lebensmittelsektor gibt es meh- rere Risiken, die die Gesundheit der Arbeitnehmer und die Lebens- mittelsicherheit gefährden können. Diese lassen sich in drei Hauptkatego- rien einteilen: chemische, physikalische und biologische Gefahren. die lebensmittelbedingte Krankheiten ver- ursachen können. Eine Kontamination kann an jeder Stelle der Lebensmittelver- sorgungskette auftreten, sodass es von ent- scheidender Bedeutung ist, das Wachstum und die Verbreitung dieser Krankheitserre- ger zu verhindern. Biologische Gefahren: Kontamina- tion mit Bakterien, Viren und Parasiten, Chemische Gefahren: Rückstände oder Einflüsse von schädlichen Substanzen wie Pestizide, Reinigungsmitteln oder Zu- satzstoffen, die nicht für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassen sind. Physikalische Gefahren: Fremdkör- per wie Metall-, Glas- und Kunststoff- splitter können durch unsachgemäße Handhabung oder Verpackung in die Lebensmittel gelangen und beim Ver- braucher Verletzungen verursachen. ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

23 technik technology Wie kann Lebensmittel- sicherheit gewährleistet werden? Es gibt eine Reihe bewährter Verfahren, an die sich Lebensmittelbetriebe halten, um die oben genannten Risiken zu ver- ringern und die Gesundheit und Sicher- heit von Mitarbeitern und Kunden zu schützen: lyse mithilfe der Überwachung kritischer Kontrollpunkte. Es ist ein systematischer, präventiver Ansatz für die Lebensmittel- sicherheit, mit dem Gefahren, die für die Lebensmittelsicherheit von Bedeutung sind, erkannt, erfasst und kontrolliert werden. Dafür müssen die kritischen Kon- trollpunkte (CCPs) bestimmt werden, an denen Risiken vermieden, beseitigt oder auf ein akzeptables Niveau gesenkt wer- den können. Aufrechterhaltung der persönlichen Hygiene Die persönliche Hygiene ist ein Eckpfeiler der Lebensmittelsicher- heit. Um eine Verunreinigung von Le- bensmitteln zu vermeiden, müssen sich die Beschäftigten im Lebensmittelsek- tor an strenge Hygienevorschriften hal- ten, die u. a. häufiges Händewaschen, das Tragen von Schutzkleidung und das Fernbleiben vom Arbeitsplatz bei Krankheit vorsehen. Ausbildung und Schulung Die Mitar- beiter müssen fortlaufend geschult wer- den, um zu gewährleisten, dass sie über die neuesten Entwicklungen bei den Ge- setzen, Verfahren und Technologien zur Lebensmittelsicherheit informiert sind. Themen wie die korrekte Verwendung der Ausrüstung, Notfallprotokolle, Sicherheit im Umgang mit Lebensmitteln und per- sönliche Sauberkeit sollten in die Schu- lungsprogramme aufgenommen werden. HACCP-Konzept HACCP steht für „Hazard Analysis and Critical Control Points“ und beschreibt die Gefahrenana- Wirksame Reinigungs- und Hygi- eneverfahren Oberflächen, Werkzeu- ge und Utensilien müssen regelmäßig volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

24 technik technology gründlich gereinigt und desinfiziert werden, um Kreuzkontaminationen und die Entwicklung gefährlicher Mik- roorganismen zu verhindern. Die Hygi- enerichtlinien müssen genau festgelegt, überprüft und eingehalten werden. Wege zur Verbesserung des Arbeitsschutzes in der Lebensmittelverar- beitung Tragen persönlicher Schutzausrüs- tung (PSA) Die Bedeutung von PSA darf nicht unterschätzt werden. Schutz- kleidung wie Handschuhe, Schutzbril- len, Schürzen, rutschfeste Schuhe und Masken tragen dazu bei, Arbeitneh- mende vor möglichen physikalischen und chemischen Gefahren zu schützen. Sie können auch die Lebensmittelsi- cherheit gewährleisten, indem sie das Risiko einer Kreuzkontamination aus- schließen. Förderung ergonomischer Prak- tiken Um ergonomischen Verletzun- gen vorzubeugen, sollten Arbeitgeber ergonomische Lösungen einführen, z. B. verstellbare Arbeitsplätze, ergo- nomische Werkzeuge und regelmäßige Pausen für die Mitarbeiter. Auch Schu- lungen zur richtigen Hebetechnik und Körperhaltung können dazu beitragen, das Risiko von Muskel-Skelett-Verlet- zungen zu verringern. Ebenfalls wichtig sind Schulungen im richtigen Umgang mit den Maschinen. Richtiges Training Um zu gewährleis- ten, dass die Mitarbeitenden sich der mögli- chen Risiken bewusst sind und wissen, wie sie richtig arbeiten, sind regelmäßige Schu- lungen und Weiterbildungen unerlässlich. Dazu gehört die Unterweisung in Erster Hilfe, Gefahrenkommunikation und Bedie- nung der Geräte. Strategien für die Sicherheit Einrichtungen, die Lebensmittel verarbei- ten, handhaben oder lagern, müssen stren- ge Sicherheits- und Hygienestandards ein- halten, um Risiken zu minimieren und die öffentliche Gesundheit zu schützen. Nur so können lebensmittelbedingte Krankhei- ten verhindert und gewährleistet werden, dass die Verbraucher sichere und quali- tativ hochwertige Lebensmittel erhalten. Nachfolgend werden einige der wichtigs- ten Aspekte zur Sicherheit von Anlagen erläutert: Planung und Gestaltung der Einrich- tung Die Planung und Gestaltung einer Lebensmittelbetriebsstätte sind für die Ge- währleistung der Lebensmittelsicherheit essenziell. Die Einrichtungen sollten so gebaut werden, dass ein effizienter Arbeits- ablauf gewährleistet werden kann und das Kontaminationsrisiko so gering wie mög- lich ist. Folgende Punkte gibt es dabei zu beachten: Zoneneinteilung Um Kreuzkontami- nationen zu vermeiden, werden die Zonen je nach Kontaminationsrisiko unterteilt (z. B. rohe und gekochte Lebensmittel). Betriebsabläufe Die Anlage muss so konzipiert sein, dass ein logischer Materi- alfluss von der Annahme über die Verar- beitung bis zum Versand gewährleistet ist, um das Kontaminationsrisiko zu verrin- gern. Leichte Reinigung Oberflächen, Fuß- böden und Geräte sollten aus porenfreien Materialien bestehen, die sich leicht reini- gen und desinfizieren lassen, um die An- siedlung von Bakterien zu verhindern. Abfallmanagement Trennung von Abfallarten wie gefährlichen, organischen und wiederverwertbaren Abfällen, um eine ordnungsgemäße Entsorgung zu er- möglichen und das Risiko einer Verunrei- nigung zu verringern. Die Abfälle sollten in ausgewiesenen, geschlossenen Bereichen gelagert werden, die von den Bereichen der Lebensmittelzubereitung entfernt sind, und regelmäßig entsorgt werden. Geräteüberwachung Geräte und Ma- schinen sollten laufend gewartet werden, um Maschinenausfälle zu vermeiden, die zu einer Kontamination führen könnten. Eine strenge Reinigung und Desinfekti- on ist der Schlüssel zur Beseitigung von Krankheitserregern auf Oberflächen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen. Schädlingsbekämpfung Vorbeugende Maßnahmen wie das Versiegeln von Ein- trittspforten, die Aufrechterhaltung einer sauberen und aufgeräumten Umgebung und eine effektive Abfallentsorgung sind wichtige Schritte zur Vermeidung von Schädlingen. Wichtig sind aber auch regel- mäßige Kontrollen, bei denen die Einrich- tungen auf Anzeichen von Schädlingsbefall untersucht und gegebenenfalls Bekämp- fungsmaßnahmen ergriffen werden. Technologische Fortschritte Der technologische Fortschritt hat er- heblich zur Verbesserung der Lebens- mittelsicherheit beigetragen. Innovati- onen wie die Blockchain-Technologie für die Rückverfolgbarkeit, mikrobio- logische Schnellnachweisverfahren und intelligente Temperatur– und Feuch- tigkeitssensoren haben den Prozess der Rückverfolgung, Verwaltung und Gewährleistung der Sicherheit von Le- bensmitteln in der gesamten Lieferkette vereinfacht. Auch die Künstliche In- telligenz (KI) hat dazu beigetragen, die Lebensmittelsicherheit und die Quali- tätssicherung in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie zu optimieren. Eine weitere Verbesserung der Lebensmittel- sicherheit und der Effizienz der Herstel- lungsprozesse ist die Automatisierung und der Einsatz von Robotern, die die Möglichkeit von Kontaminationen und menschlichen Fehlern verringern. Fazit Lebensmittelsicherheit und Arbeitsschutz sind im Lebensmittelsektor wichtige Be- reiche, die nicht vernachlässigt werden dürfen. Die Lebensmittelindustrie kann die Gesundheit und Sicherheit ihrer Mit- arbeiter und Kunden schützen, indem sie Technologien einsetzt, in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter investiert, Gesetze be- folgt und bewährte Verfahren anwendet. Auch in Zukunft wird die Aufrechter- haltung der höchsten Lebensmittelsicher- heitsstandards ein wichtiges Anliegen sein und das Engagement der Branche für die Gesundheit und das Wohlergehen der All- gemeinheit widerspiegeln. Quelle: distrelec ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

25 technik technology MESSER MACHT DAS BESTE AUS DER LUFT S eit über 125 Jahren verbindet sich mit dem Namen Messer Kompetenz rund um das Thema Industriegase. Mes- ser ist immer genau da, wo der Bedarf an Industriegasen hoch und wo es strategisch sinnvoll ist. Genau deswe- gen ist Messer der weltweit größte private Spezialist für Industrie-, Medizin- und Spezialgase geworden. Das Unternehmen nennt seine Produkte „Gases for Life“, weil sie in der Herstellung alltäglicher Erzeugnisse vom Auto bis zur Zahnspange so wichtig sind wie Wasser und Strom. Luft ist der Rohstoff, aus dem Messer einen Groß- teil seiner Gase gewinnt. Sie wird in den Luftzerlegungs- anlagen weltweit jeden Tag in ihre Bestandteile aufge- teilt. www.messer.at Mitarbeiter von Messer beim Kommissionieren von Gas- flaschen MANAGER DES JAHRES B ernd Berghofer ist Bur- genlands Manager des Jahres. Der 52-jährige Müllendorfer ist Geschäfts- führer von Austria Pet Food in Pöttelsdorf, stellvertretender Obmann im Verband der Fut- termittelindustrie und Mitglied im Fachverbands-Ausschuss. Berghofer hat Handelswis- senschaften in Wien studiert. Ab 2001 war er Marketinglei- ter bei Felix Austria in Mat- tersburg, später Geschäftsfüh- rer. Davor war er bei Procter and Gamble, im Musikfach- handel und für den ORF Bur- genland tätig. Bernd Berghofer führt Austria Pet Food in Pöttelsdorf seit dem Produktionsbeginn vor elf Jahren. Der Tierfutterer- zeuger ist unter seiner Führung zu einem Unternehmen von europäischem Format heran- © AUSTRIA PET FOOD GMBH/ ROLAND SCHULLER Bernd Berghofer gewachsen. Die Eigentümer, darunter der Athena-Invest- mentfonds des Landes, haben dem Geschäftsführer immer viel Gestaltungsspielraum ein- geräumt. Lebensmittelgase Länger anhaltende Qualität, ansprechende Optik, sprudelnde Frische – die Aufgaben, die Gase in der Lebensmittelindustrie erfüllen, sind vielfältig. Typische Anwendungen sind das Frosten und Verpacken, das Kühlen während der Mischprozesse, das Karbonisieren von Getränken oder die Transportkühlung zur Aufrechterhaltung einer lückenlosen Kühlkette. Messer Austria GmbH Industriestraße 5 2352 Gumpoldskirchen Tel. +43 50603-0 Fax +43 50603-273 info.at@messergroup.com www.messer.at Unsere Gases for Life erfüllen alle europäischen lebensmittelrechtlichen Vorschriften und HACCP- Anforderungen. volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION

26 technik technology INDIVIDUELL, PRÄZISE UND INNOVATIV EXAKTE FÜLLSTANDMESSUNG UND INNOVATIVE SIGNALISIERUNG: DIE INNOVATIVEN PRODUKTNEUHEITEN VON UWT, NATÜRLICH ERHÄLTLICH ÜBER STIPANITZ – MESS- UND PROJEKTTECHNIK, SETZEN MASSSTÄBE FÜR DIE INDUSTRIE. S eit 1995 steht das Unternehmen Stipanitz – Mess- und Projekttech- nik – für Messkompetenz von der Beratung bis zur Inbetriebnahme. Angeboten werden Komplettlösungen, in- dividuell aus der Produktpalette der Part- nerunternehmen zusammengestellt. So finden sich im Stipanitz- Portfolio auch die neuesten Innovationen in Sachen präziser Füllstanderkennung und -visualisierung von UWT: Der Vibranivo® VN 7, ein kom- pakter Vibrationsgrenzschalter für beengte Platzverhältnisse, die NivoRadar®-Senso- ren NR 3 und NR 8 für die berührungslose Messung von Schüttgütern und Flüssig- keiten in anspruchsvollsten Anwendungen sowie die Signallampe NivoLED® für klare Statusvisualisierung. Kompakte Präzision bei Grenzschaltern Die Schwinggabel Vibranivo® VN 7 wurde für die zuverlässige Detektion von Flüssig- keiten entwickelt und bewährt sich auch in engsten Einbauverhältnissen wie Tanks oder Rohren tadellos. Die kompakte, wi- derstandsfähige Bauweise und Anpassungs- fähigkeit bieten maximale Flexibilität für zahlreiche Industrien – von der Lebensmit- telproduktion über die Pharmazie bis zur Abwasserwirtschaft. Auch bei aggressiven Medien sowie hohen Temperaturen und Drücken. Hochpräzise Radartechnologie Mit den neuen NivoRadar®-Serien NR 3 und NR 8 bietet UWT eine robuste Lösung zur kontinuierlichen Füllstand- messung. Der NR 3 wird hauptsächlich zur Messung granularer Medien auch in EX-Zonen eingesetzt und ist für hohe Drücke und Temperaturen geeignet. Der NR 8 eignet sich besonders für Flüssig- keitsdetektion und ist in einer Hygie- neausführung verfügbar. Auch er meis- tert extreme Bedingungen problemlos. Alle NivoRadar®- Serien bieten vielfältige Ausführungen, lassen sich schnell kon- figurieren sowie integrieren und bieten einen hohen Dynamikbereich, der auch bei schwach reflektierenden Medien mit niedrigen DK-Werten hohe Messpräzisi- on garantiert. Die 80 GHz-Technologie und der schmale 3°-Abstrahlwinkel liefern selbst in schlanken Silos exakte Ergebnisse bei einem Messbereich von bis zu 120 m. Einzigartige Signalleuchte Mit der NivoLED® NL 9 bringt UWT eine robuste und konkurrenzlose Signal- lampe mit zweifarbiger Schaltbarkeit und 360°-Sichtbarkeit für explosionsgefährdete Bereiche auf den Markt. Dank fortschritt- licher Schutzarten trotzt sie selbst rauen Witterungsbedingungen und Chemikalien. Durch ihre Verfügbarkeit in zahlreichen Ausführungen und ihre Kompatibilität mit Grenzstandsensoren sowie allen gängigen Relais- und Transistorausgängen lässt sich die NivoLED® einfach in Schaltschrank- und Prozessanlagen integrieren. Überzeu- gen Sie sich selbst von dem umfassenden Angebot, das Stipanitz – Mess- und Pro- jekttechnik für Sie bereithält! Nach Maß und nicht „von der Stange“ ist die Devise. Stipanitz – Mess- & Projekttechnik Burgerstraße 29, 4060 Leonding Tel.: +43 732 77 01 77 office@stip.at www.stip.at Die NivoLED® NL 9 ist ideal für industrielle Umgebungen mit höchsten Sicherheitsan- forderungen. Die NivoRadar®-Serien NR 3 und NR 8 sind einfach und schnell über die UWT LevelApp zu konfigurieren. Der Vibranivo® VN 7 erlaubt eine sofortige, wartungsarme Inbetriebnahme ohne Kali- brierung. ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024 G N U T L A H C S N E E H C L T L E G T N E I I

27 technik technology WINKLER: SPEZIALIST FÜR FLEXIBLE OBERFLÄCHENBEHEIZUNG D ie Winkler AG erzeugt seit über 40 Jahren m a ß g e s c h n e i d e r t e Analysenschläuche/Heizschläu- che für die Prozess- und Um- welt-Messtechnik sowie für Motorenprüfstände. Im Be- reich der Oberflächenbeheizung werden Normgebindeheizer, Fassheizer, Heizhauben und Heizmanschetten nach Kunden- wunsch und Bemusterung und/ oder 3D-STEP-Datei erzeugt. Für den Betrieb in explosions- gefährdeten Bereichen liegen ATEX- und SIL-Zulassungen mit Systemzertifizierung vor so- wie für H2-Wasserstoffanlagen (Explosionsschutzklasse IIC). Die Regelung erfolgt über die bei Winkler erzeugten heizkur- ven- und leistungs- optimierten Regler und Reg- ler-Begrenzer- Kombinationen. NEU: 200 l Fassheizer – Liefe- rung innerhalb von 5 Werktagen (in Absprache). Ing Wolfgang Stipanitz Mess- & Projekttechnik Tel.: 0732/770177-15; Fax: -7 www.stip.at Der Fall Petuely NEU Die sogenannte „Ära Petuely“ ist ein dunkles und bisher kaum beleuchtetes Kapitel der österreichischen Justizgeschichte. Über einen Zeitraum von nahe zu 20 Jahren konnte ein Beamter unter dem Prätext des „Konsumentenschutzes“ zu einer kaum beschränkten Machtposition gelangen: ausgehend von seiner Funk- tion als Lebensmitteluntersucher, nahm er in zunehmendem Maße Einfluss auf Gesetzgebung und Vollziehung und insbesondere auf das Gerichtsverfahren in Lebensmittelstrafsachen. Dr. Christian Hauer, emeritierter Rechtsanwalt, der fast 50 Jahre in der Rechtsanwaltssozietät Schönherr, seit 1975 als Equity-Partner, insbesondere in den Bereichen UWG und Intellectual Property, tätig war, hat sich in der „heißen“ Phase der „Ära Petuely“ auf Lebensmittelrecht spezialisiert und in den Jahren 1975 bis 1983 als Strafverteidiger in etwa 1.200 Verhandlungen in Lebensmittelstrafsachen vertreten. Seine Entscheidung, die über 40 Jahre zurückliegenden Vorfälle zu dokumentieren, wurde nicht unwesentlich von den derzeitigen Diskussionen über die Gefahr der Vereinnahmung der Justiz durch die Politik beeinflusst. „Der Fall Petuely: ein österreichischer Justizskandal“ Dr. Christian Hauer Verlag SPV Printmedien, Wien 436 Seiten, zahlreiche Zeitdokumente, Preis: 39 Euro plus Porto Bestellungen ab sofort an volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION office@spv-media.at 436 Seiten 39,– Euro

28 technik technology © ADOBE STOCK – QUALITY STOCK ARTS WIE LÄSST SICH DER WASSERVERBRAUCH SENKEN? DEN WASSERVERBRAUCH ZU REDUZIEREN, WO IMMER ES MÖGLICH IST, OHNE DABEI ABSTRICHE BEI DER SAUBERKEIT ODER QUALITÄT ZU MACHEN, STELLT IN DER LEBENSMITTELINDUSTRIE EINE HERAUSFORDERUNG DAR. IST ABER MACHBAR. D ies senkt die Betriebskosten, da die Ressourceneffizienz verbessert wird, aber auch die Umweltvorteile sind er- heblich, da die Reduzierung des Wasser- verbrauchs zur Wiederaufforstung bei- tragen und gleichzeitig zu einer Welt mit größerer Wassersicherheit führen kann. Jedes einzelne hergestellte Getränk oder Lebensmittel hat seinen eigenen Was- serfußabdruck, und es gibt eine Reihe von verschiedenen Phasen während der Produktion, die dazu beitragen. Vom Süßwasser, das für den Anbau von Feld- früchten und die Fütterung von Vieh benötigt wird, bis hin zu der Flüssigkeit, die zur Reinigung von Verarbeitungs- ausrüstungen benötigt wird, ist Wasser für die Lebensmittel und Getränke, die wir genießen, von zentraler Bedeutung. Durch die Reduzierung des Wasserver- brauchs, wo immer dies möglich ist, können Hersteller nicht nur Geld spa- ren, sondern auch die Belastung der glo- balen Wasserversorgung verringern. Weniger Wasser Welche Maßnahmen können Lebensmittel- hersteller ergreifen, um ihre Wassernutzung zu minimieren und damit ihre Umweltbe- lastung zu reduzieren? Wie bei jedem industriellen Prozess fällt auch in der Lebensmittel- und Getränkein- dustrie eine erhebliche Menge an Abwasser an, und zwar an fast jedem Punkt der Pro- duktion. Erschwerend kommt hinzu, dass die optimale Art der Abwasserbehandlung je nach Art der hergestellten Produkte und dem Standort Ihrer Anlage variiert. In eini- gen Fällen, in denen das Abwasser eine hö- here Menge an Verunreinigungen enthalten könnte, muss der Prozess möglicherweise intensiver sein. In anderen Fällen kann der Prozess einfacher sein. Unabhängig davon, was Ihr Unterneh- men herstellt, kann eine Investition in die Abwasserbehandlung dazu beitragen, die Umweltbelastung zu begrenzen und gleichzeitig die Betriebskosten zu senken. Der Schlüssel liegt darin, die effektivste Technologie und die besten Lösungen für Ihre spezifische Produktion zu finden und gleichzeitig eine klare Vorstellung davon zu haben, wo und wie Sie das aufbereitete Wasser sowie mögliche Nebenströme nut- zen können. Richtige Technologie Den Wasserverbrauch zu senken, kann so einfach sein wie die Nutzung der richtigen Technologie zur richtigen Zeit. ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

30 technik technology Eine Sache, die wirklich einen Unter- schied machen kann, ist eine verstärkte Automation, da die Systeme die genauen Mengen berechnen können, die für be- stimmte Prozesse benötigt werden und nur diese verwenden, wodurch das Ri- siko eines übermäßigen Verbrauchs ver- ringert wird. Dies kann auf verschiedene Schritte während der Lebensmittel- und Geträn- keproduktion angewendet werden, sei es bei der Verwendung von Wasser als Zutat, bei Reinigungsprozessen oder als Kühlmittel. Die richtigen automatisier- ten Anlagen können sicherstellen, dass nur so viel Wasser wie unbedingt nötig verbraucht wird, was zur Kostensen- kung und Abfallvermeidung beiträgt. Die Automation ist nur ein Aspekt der modernen Technologie, die eine genau- ere Kontrolle der Ressourcennutzung ermöglicht. Darüber hinaus können Sensoren und Messgeräte eingesetzt werden, die Betreibern und Ingenieuren die Daten liefern, die sie zur Optimie- rung von Prozessen benötigen, deren Ergebnisse sich dann nachverfolgen und aufrechterhalten lassen. Cleaning-in-Place-Einheiten für die Ver- arbeitungstechnologie sind ebenfalls präzise und können das für die Reini- gung verwendete Wasser sowie Reini- gungsmittel oft speichern und recyceln, sodass sich erhebliche Mengen an Was- ser einsparen lassen, während sie gleich- zeitig in der Lage sind, Durchfluss und Temperaturen und damit den Wasser- und Energieverbrauch genau zu steuern. Einflussfaktoren Die kleinsten Maschinenteile können sich stark auf den Wasserverbrauch aus- wirken, und selbst scheinbar einfache Elemente wie Düsen und Sprühvorrich- tungen haben einen erheblichen Einfluss. Dank der Möglichkeit, mit der Analyse großer Datenmengen zu arbeiten sowie der Möglichkeit, Prototypen mit schnel- leren Verarbeitungsprozessen einfacher zu testen, können Designer neue Tech- nologien schneller und effizienter als bis- her entwickeln. Das bedeutet, dass es möglich ist, die Ef- fizienz kontinuierlich zu verbessern, und im Fall dieser Teile, die den Fluss und die Verteilung von Wasser steuern, bedeutet dies oft, dass man die gleiche Aufgabe mit weniger Flüssigkeit ausführen kann. Dies ist oft besonders wichtig bei Reini- gungsanlagen, da neue Düsen und Ver- teilerköpfe die Kraft und die Ausbreitung des Wassers erhöhen können, während insgesamt weniger Wasser verbraucht wird, was einen effizienteren Prozess er- möglicht. Dies kann dazu beitragen, die Betriebskosten zu senken und gleichzeitig die Umwelt zu schonen. Diese Änderun- gen lassen sich in der Regel relativ ein- fach umsetzen und haben eine unmittel- bare, positive Wirkung. Regelmäßige Wartung Die Anlagen in einer Prozesslinie für Lebensmittel und Getränke müssen nicht nur regelmäßig gereinigt und ge- wartet werden, sondern sind auch auf Verbrauchsmaterialien wie Öle und Schmiermittel angewiesen, um einen gleichbleibenden, optimalen Betrieb zu gewährleisten. Es ist möglich, bestimmte Schmiermittel einzusetzen, die den Bedarf an Wasser in bestimmten Teilen der Produktion voll- ständig eliminieren und gleichzeitig die Lebensdauer der Anlagen verlängern. Dies führt zu einer Vielzahl von Vortei- len, von geringeren Wartungs-, Wasser- und Betriebskosten bis hin zur Optimie- rung der Betriebszeit der Anlagen. Quelle: TetraPak PERFORMANCE TRIFFT AUF HYGIENISCHE INDUSTRIEANFORDERUNGEN Kein Platz für Kompro- misse bei Füllstands- und Druckmessung Die neue Compact Line umfasst be- sonders kompakte und leis- tungsstarke Füllstands-, Grenzstands- sowie Druck- sensoren für hygienische Anwendungen. Alle Geräte verfügen über sämtliche er- forderliche Zertifikate der Industrie. Das Freifeld Ra- dar-Messgerät, Micropilot FMR43, ist auch mit 180 GHz Frequenz erhältlich, was die Füllstandsmessung in kleinsten Tanks ermöglicht. Alle Produkte sind besonders leicht bedienbar, ob mit dem Touch-Farbdisplay oder auch optional über die BT-Schnitt- stelle mit der kostenlosen SmartBlue-App. Während des SIP- und CIP-Prozesses können die vollverschweißten Edelstahlgeräte mit Schutzart IP69 in der Anlage verblei- ben. In-situ Geräteverifkati- onen dank Heartbeat Tech- nology sorgen für höchste Sicherheit. www.at.endress.com ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

#intoorganic Zutritt nur für Fachbesuchende Nürnberg, Germany 11.-14.2.2025 Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel Gemeinsam die Zukunft der Ernährung gestalten Tauchen Sie ein in die inspirierende Welt der BIOFACH 2025, wo visionäre Vor- denker und führende Expertinnen der internationalen Bio-Branche zusammenkom- men, um gemeinsam an einer nachhaltigeren Welt zu arbeiten. Hier geht es um mehr als nur Business: Gemeinsam entwickeln wir zukunftsweisende Lösungen – für uns und unseren Planeten. Sind Sie dabei? Jetzt informieren und Tickets sichern: www.biofach.de/dabei-sein

32 technik technology NEUARTIGE LEBENSMITTEL – WAS IST DARUNTER ZU VERSTEHEN? DIE EINSTUFUNG EINES LEBENSMITTELS ALS NEUARTIG HÄNGT DAVON AB, OB ES IN DER VERGANGENHEIT KONSUMIERT WURDE ODER NICHT. DIE EU-VERORDNUNG ÜBER NEUARTIGE LEBENSMITTEL (VERORDNUNG (EU) 2015/2283) DEFINIERT JEDES LEBENSMITTEL, DAS VOR DEM 15. MAI 1997 IN DER EU NICHT IN NENNENSWERTEM UMFANG VERZEHRT WURDE, ALS NEUARTIG. DARÜBER HINAUS MUSS DAS NEUARTIGE LEBENSMITTEL ZU EINER DER ZEHN KATEGORIEN VON NEUARTIGEN LEBENSMITTELN GEHÖREN, DIE IN DER VERORDNUNG SELBST FESTGELEGT SIND. MARI ESKOLA, MARI LYYRA D as EU-Regelungssystem für neuartige Lebensmittel sieht außerdem einen vereinfach- ten Zulassungsweg für Le- bensmittel vor, die traditionell außer- halb der EU-Länder verzehrt werden. Falls unklar bleibt, ob das Lebensmittel neuartig ist oder nicht, stellt die Mög- lichkeit der Konsultation eines EU-Mit- gliedstaats ein hilfreiches Element im Rechtsrahmen für die Zulassung neuar- tiger Lebensmittel dar. Die europäischen Verbraucher er- warten, dass ihre neuartigen Lebens- mittel die sichersten überhaupt sind Laut der Definition des allgemeinen EU-Lebensmittelrechts sind Lebensmit- tel nicht sicher, wenn sie „gesundheits- schädlich oder für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet“ sind. Die umfassende Sicherheitsbewertung und das Zulassungsverfahren vor dem Inver- kehrbringen gewährleisten, dass neuar- tige Lebensmittel völlig unbedenklich sind, bevor sie in der EU gehandelt wer- den dürfen. Nicht-EU-Staaten wie das Vereinigte Königreich verfügen über ei- gene Genehmigungsverfahren. Man kann mit Fug und Recht behaup- ten, dass das EU-Zulassungsverfahren, das dem Inverkehrbringen von Le- bens- und Futtermitteln vorausgeht, das strengste der Welt ist. Dass die Europäer ein strenges Lebensmittelsicherheitssys- tem wünschen, ist mehr als offensicht- lich. Dies ist wahrscheinlich auf die Le- bensmittelkrisen in Europa während der 90er Jahre zurückzuführen, die 2002 in die Einführung des aktuellen EU-Le- bensmittelsicherheitssystems mündeten. Das EU-Lebensmittelsicherheitssystem wird weltweit häufig als „Goldstan- dard“ angesehen. Die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) bewer- tete Unbedenklichkeit eines neuarti- gen Lebensmittels basiert auf den vom Antragsteller vorgelegten Informatio- nen Um eine Zulassung für neuartige Lebensmittel in der EU zu erhalten, müssen die Lebensmittelunternehmen (Antragsteller) ein umfassendes Infor- mations- und Datenpaket (ein Antrags- dossier) vorlegen, um nachzuweisen, dass ein neuartiges Lebensmittel unbe- denklich ist. Das Dossier wird bei der Europäischen Kommission eingereicht und dann zur wissenschaftlichen Si- cherheitsbewertung an die EFSA wei- tergeleitet. Externe Sachverständige der EFSA be- werten die Unbedenklichkeit, um ausge- hend von Daten wie Zusammensetzung, Verwendungsbedingungen und Toxizi- tät Schlussfolgerungen hinsichtlich der Sicherheit zu gewinnen. Dabei ist zu beachten, dass die angeforderten Daten von der Art des neuartigen Lebensmit- tels und seinem Verwendungszweck abhängen. Dies bedeutet, dass der An- tragsteller wissen muss, welche Daten erforderlich sind. Daher lagern viele Un- ternehmen die Dossiererstellung an spe- zialisierte Berater aus. Forschung und Entwicklung sind sehr kostspielig und zeitaufwändig. Deshalb ist es vorteil- haft, die entsprechenden Anforderungen möglichst früh genau zu kennen. Die EFSA ist gesetzlich verpflichtet, das Dossier zu bewerten und das entspre- chende wissenschaftliche Gutachten zu einem neuartigen Lebensmittel inner- halb von neun Monaten zu verabschie- den. Die Frist für die Risikobewertung ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

33 technik technology verlängert sich jedoch, wenn die EFSA zusätzliche Informationen vom Antrag- steller anfordert. Es ist bemerkenswert, dass die EFSA in den letzten Jahren etwa 1,5 bis 3 Jahre benötigt hat, um ihre Gutachten zu neuartigen Lebensmitteln vorzulegen. Die Zulassung vor dem Inverkehr- bringen obliegt den Mitgliedstaaten der EU und der Europäischen Kom- mission Während es die Aufgabe der EFSA ist, die Sicherheit neuartiger Le- bensmittel zu bewerten und der Kom- mission wissenschaftliche Gutachten für ihre Entscheidungsfindung vor- zulegen, obliegt es letztlich der Kom- mission, vor dem Inverkehrbringen in der EU die Zulassung für neuartige Lebensmittel zu erteilen. Die Kommis- sion hat sieben Monate Zeit, um ihren Entwurf für eine Verordnung auszuar- beiten. Wie bei allen EU-Entscheidun- gen hat auch bei der Zulassung neuar- tiger Lebensmittel die EU27 das letzte Wort. Nachdem ein neuartiges Lebensmittel zugelassen wurde, kann es in der EU in Verkehr gebracht und gehandelt werden. Das Vertrauen der Verbraucher durch Transparenz beim Zulassungs- verfahren stärken Aufgrund des Miss- trauens fordern die europäischen Ver- braucher seit langem ein transparenteres Zulassungsverfahren für Lebensmittel. Auf diese Forderung reagierten die Eu- ropäische Kommission und die EU27 im Jahr 2021 mit der Einführung einer Transparenzverordnung. Diese neue Re- gelung beinhaltet im Wesentlichen, dass das gesamte Antragsdossier öffentlich zugänglich gemacht und Vertraulichkeit als Ausnahme angesehen wird. Für Lebensmittelunternehmen hat die Verpflichtung zur Transparenz ein ho- hes Maß an Mehraufwand verursacht. Auch die Arbeitsbelastung der EFSA ist gestiegen und führt beim gesamten Zu- lassungsverfahren zu Verzögerungen. Schlusswort Innovationen im Lebensmittelsektor sind für die EU von großer Bedeutung. Neuar- tige Lebensmittel können nicht nur für die abwechslungsreiche Ernährung sorgen, die wir brauchen, sondern auch neue Arbeits- plätze und damit Einkommen schaffen. Unter den wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Bedingungen, die derzeit auf dem europäischen Kontinent herr- schen, ist dies auch dringend erforderlich. Mari Eskola, Ph.D., Senior Regulatory Affairs Expert and Mari Lyyra, M.Sc., Head of Operations, Unit on Food, feed and Cosmetics, Oy Medfiles Ltd, Finnland Literaturverzeichnis auf Anfrage erhältlich FOOD REGULATORY CONSULTATION AND SERVICES WITH 20+ YEARS EXPERIENCE Novel foods | Health claims | Food supplements Food additives and enzymes | FSMPs | Package labelling WWW.MEDFILESGROUP.COM volume 48 | 06. 2024 ERNÄHRUNG | NUTRITION G N U T L A H C S N E E H C L T L E G T N E I I

54 recht law Sagen Sie uns Ihre Meinung — Liebe Leserin, lieber Leser, hat Ihnen ein Artikel besonders gefallen oder sind Sie anderer Meinung? Auch Ihre Anregungen, Ideen und Vorschläge für Themen, Artikel oder neue Aspekte sind willkommen! Schreiben Sie uns – wir freuen uns über Ihre Reaktion! Sie können direkt den QR-Code scannen und eine E-Mail verfassen. Danke für Ihren Input! TERMINE __ 10.–11.12.2024 KLOSTERNEUBURG & ONLINE EHEDG Spezialkurs „Fremdkörperdetektion & Hygienic Design Risikoanalyse“ LVA GmbH www.lva.at __ 02.–05.02.2025 KÖLN, DEUTSCHLAND ISM Weltleitmesse für Süßwaren und Snacks www.ism-cologne.de __ 17.–26.01.2025 BERLIN, DEUTSCHLAND Grüne Woche www.gruenewoche.de __ 23.01.2025 KLOSTERNEUBURG & ONLINE BRCGS Packaging Materials v7 – was ist neu? LVA GmbH www.lva.at __ Impressum — DIE ERNÄHRUNG Österreichische Fach- zeitschrift für Wissenschaft, Recht, Technik und Wirtschaft ∙ NUTRITION Austrian journal for science, law, technology and economy ∙ redaktion@ernaehrung-nutriti- on.at ∙ Offizielles Organ des Fachverbands der Nahrungs- und Genussmittelindustrie Österreichs und des Vereins zur Förderung der österreichischen Lebensmittelwirtschaft (foodalliance) ∙ Herausgeber: Fachverband der Lebensmittel industrie; A-1030 Wien, Zaunergasse 1–3 ∙ Wissenschaftlicher Beirat: General direktor Univ.-Prof. Dr. iur. et rer. pol. Walter Barfuß, A.o. Univ.-Prof. DI Dr. Sabine Baumgartner, Ao. Univ.-Prof. i. R. DI Dr. nat. techn. Emmerich Berg hofer, Dr. Michael Blass, Hon.-Prof. Dr. Konrad Brustbauer, Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. nat. techn. Konrad Domig, Ass.-Prof. DI Dr. nat. techn. Klaus Dürrschmid, Prof. Dr. Christian Hauer, Univ.-Prof. Dr. Ing. Henry Jäger, OR Dr. Leopold Jirovetz, Univ.-Prof. Dr. Jürgen König, Dr. Andreas Natterer, Dr. Elisabeth Rei- ter, Univ.-Prof. Dr. Petra Riefler, Assoc. Prof. Dr. Regine Schönlechner, Univ.-Prof. Dr. Wer- ner Schroeder, Univ.-Prof. Dr.med.vet. Karin Schwaiger, LL.M, Univ.-Doz. Mag. Dr. Man- fred Tacker, Univ.-Prof. Dr. med. vet. Martin Wagner Dipl. ECVPH ∙ Chefredakteur: DI Oskar Wawschinek MAS MBA ∙ Redaktion Wissenschaft: Ass.-Prof. DI Dr. nat. techn. Klaus Dürrschmid ∙ Redaktion Recht: Mag. Ka tharina Koßdorff ∙ Verleger: SPV Print- medien Gesellschaft m.b.H.; A-1080 Wien, Florianigasse 7/14; Tel.: 01/581 28 90; Fax: 01/581 28 90-23; online-redaktion@ blickinsland.at ∙ Lektorat: DI Oskar Wawschinek MAS MBA ∙ Layout: Ge- rald Mollay∙ Herstellung: proprint.at ∙ Anzeigen leitung: Prok. Doris Orthaber- Dättel, Tel.: 01/581 28 90-12, daettel@ blick ins land.at, Tel.: 01/581 28 90-27, ∙ Ernährung/Nutrition – ISSN 0250-1554 – erscheint sechsmal jährlich. Nachdruck sämt licher Artikel, auch auszugsweise, nur mit Quellen angabe, gegen Belegexemplar; Zitierung von wissenschaftlichen Beiträ- gen: Ernährung/Nutrition. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Mei- nung des Autors wieder, die nicht mit jener des Herausgebers überein stimmen muss. Alle Informationen ständig leicht und un- mittelbar auffindbar auf www.ernaehrung- nutrition.at ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024

56 wissenschaft science 2025 Februar 2025 NÜRNBERG 11. - 14. Als österreichisches Kompetenzzentrum für Lebensmittelsicher- heit und Betriebshygiene agieren wir seit 1998 erfolgreich auf dem europäischen Markt. Unsere Erfahrung auf betrieblicher Ebene und Know-how in den Bereichen Lebensmitteltechnologie, modernster Labordienstleistungen, Consulting und die Vernetzung mit externen Partnern schaﬀt unsere breite Kompetenz. Als Teil der GBA Group, einem internationalen Life Science Dienst- leistungsunternehmen mit einem breiten Angebot an analytischen, logistischen und fachspezifischen Services in den Bereichen Pharma, Medizinprodukte, Kosmetika, Chemie, Lebensmittel, Trink- wasser und Umwelt, erweitern wir laufend unser Dienstleistungs- portfolio, unsere Expertise und den Zugriﬀ auf modernste Labor- technik. Unsere Kunden sind für uns Partner, die wir begleiten. Der Nutzen ergibt sich aus der individuellen Erarbeitung von Lösungswegen zur Sicherung Ihrer Produkte. Kompetenz, Praxiserfahrung und unternehmerisches Denken für alles, was Lebensmittel ausmacht. ERNÄHRUNG | NUTRITION volume 48 | 06. 2024